Zeitschrift EE

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2010-04

Nachhaltige Gebäude

Abbildung 1: Renewable Energy House in Brüssel (Quelle: EREC)

Das EU-Projekt New4Old diente der Förderung effizienter Energienutzung und dem Einsatz erneuerbarer Energiequellen in historischen Gebäuden. Es schaffte die Basis für ein Netzwerk aus „Häusern der erneuerbaren Energie“ in den EU-Mitgliedsstaaten.

New4Old – Neue Energie für alte Häuser

Von Armin Knotzer *

Hintergrund

Die Sanierung historischer Gebäude steht zunehmend im Fokus europa- und österreichweiter Forschungs- wie auch Umsetzungsprojekte. Die Öffentlichkeit hat erkannt, dass die Sanierung von Gebäuden mit historischem Charakter mehr Bedeutung hat, als die 2 bis 3% der denkmalgeschützten Häuser, die es in Österreich gibt [1]. Wohnungen in schützenswerten Gebäuden bzw. in solchen mit historischem Charakter machen bis zu einem Drittel des Gesamtbestandes aus [2].
Weiters steigt die Bedeutung von innerstädtischen Immobilien an, weil die Qualitäten guter Infrastruktur von Städten erkannt wird. Gerade in diesen Lagen ist der Anteil an historischem Gebäudebestand sehr hoch. In Zeiten steigender Energiepreise und Umweltfolgeschäden ist die Sanierung dieser Objekte ebenso wichtig wie die anderer Gebäude.
Organisationen im Bereich Denkmalschutz in ganz Europa, vor allem England und Deutschland, widmen sich aus diesem Grund dem Thema Energieeffizienz und den Alternativen in der Energieversorgung solch individueller Gebäude.

Energiekonzeption allgemein

Jedes historische Gebäude ist sehr individuell was das Energie- und Sanierungskonzept betrifft. Im Unterschied zur Reproduzierbarkeit von Lösungen und Konzepten für den Bauboom-Gebäudebestand der 1960er bis 1980er Jahre des letzten Jahrhunderts bedarf es bei historischen Gebäuden noch sensiblerer Bestandsaufnahme und eines Pools aus Lösungsansätzen, aus dem ausgewählt werden kann.

Sanierung am Beispiel des Franziskanerklosters in Graz

Das Franziskanerkloster steht im Inneren Bezirk der Stadt Graz, in direkter Nähe zur Mur. Die Geschichte des damaligen „Murklosters“ beginnt im Jahr 1239. Die Gebäude, hauptsächlich aus 1240 bis 1650, beherbergen noch Teile der mittelalterlichen Stadtmauer, auch mittelalterliche Fresken. Mit dementsprechendem Respekt und Behutsamkeit, aber auch Entschlossenheit gingen die Franziskaner die anstehende thermisch-energetische Sanierung ihrer Gebäude an.
Sie erarbeiteten 2001 bis 2007 mit dem Architekten DI Michael Lingenhöle einen Masterplan für die Sanierung unter dem Titel „Ort der Begegnung“. Darin wurde erörtert und zu Papier gebracht, was den Wert des Klosters in Zukunft ausmachen soll und was es zu leisten im Stande sein will. Die Bereiche und Gebäudeteile des Klosters wurden 11 Themenschwerpunkten der klösterlichen Arbeit zugeteilt. Dann wurden die konkrete Planung und Arbeiten begonnen.

Energiekonzept - Nullemissionsgebäude

Dem Kloster ist es ein großes Anliegen, zumindest mit einer glatten Null beim Ausstoß von Treibhausgasen durch die Energieversorgung zu bilanzieren. Das heißt, diese so zu konzipieren, dass das Kloster auf den Zukauf fossiler Energieträger verzichten kann bzw. diesen durch die Investition in und die Produktion von ökologischer Energie ausgleicht. Das Konzept baut auf „4 Schritte“ (siehe auch Abbildung 2), dessen Mastermind der Guardian des Klosters, Bruder Matthias Maier, selbst gelernter Heizungsbauer, ist [3].

Abbildung 2: Energiekonzept der ”4 Schritte” Quelle: Franziskaner Graz und AEE INTEC

1. Schritt: „Energie effizient nutzen“
Die obersten Decken, Dachschrägen, Gaupen, Böden und Außenwände sollen wenn möglich mit ökologischen Dämmstoffen gedämmt werden (z.B. Glasschaumschotter für alte Böden). Das Schaffen von unbeheizten Pufferräumen ist ein wesentlicher Aspekt für die thermische Verbesserung des denkmalgeschützten Bereichs, wie auch die Überdachung des Binnenhofs mit einer neuartigen „thermischen Membran“ und vorgesetzte Glasfassaden ausprobiert werden sollen. Nicht beheizte Räume wie Gänge stellen ebenso Pufferbereiche dar. Die Kastenfenster sollen bestehen bleiben, aber innen mit dicht abschließender Wärmeschutzverglasung und außen witterungsfest erneuert werden. Bei der Erneuerung des Kalkputzes, der Kalkfarben, der Holz- und Steinböden wird auf helle, wärmende Farbtöne geachtet. Der 1. Schritt soll 20 bis 30% Energieverbrauchsreduktion bringen.

Abbildung 3: Zugang zur Orgel Quelle: Franziskaner Graz

2. Schritt: „Solarthermienutzung und Bauteilheizung“
Die Dachfläche und die obere Fassade des Südtraktes des Klosters werden mit speziell beschichteten thermischen Solarkollektoren versehen (siehe Abbildung 4), geplant sind 197m², und wenn möglich etwa 150m² zusätzlich auf dem Dach des Mitteltraktes. Damit sollen 50% des Warmwasserverbrauchs und bis zu 40% der Heizenergie gedeckt werden.

Abbildung 4: Geplante Solaranlage auf dem Südtrakt des Klosters Quelle: Arch. DI Hansjörg Luser

Die im Sommer überzählige Solarenergie wird mit einer Art Bauteilheizung (siehe Abbildung 5) zur Trockenlegung der Mauern vor allem in den Untergeschoßen verwendet und könnte über ein kleines Versorgungsnetz den eingemieteten Geschäftslokalen und dem benachbarten Hotel zur Verfügung gestellt werden. Die Verteilung der Wärme erfolgt über eine Niedertemperaturheizung – kombinierte Fußboden-/Bauteil-/Wandheizung und Heizkörper - mit max. 40°C Vorlauftemperatur. Schritt 1. und 2. lässt den ursprünglichen Energieverbrauch auf 50% sinken.

Abbildung 5: Leitungsführung für die Bauteilheizung im Gangbereich des Klosters Quelle: AEE INTEC

3. Schritt: „Effizient heizen und Wärmepumpen intelligent nutzen“
Die noch aufzubringende Heizenergie soll aus einer hocheffizienten Wärmepumpe (Jahresarbeitszahl 5) kommen. Sie wird unterdimensioniert und nutzt über einen Wärmetauscher die Solaranlage als Energiequelle, wenn diese Temperaturen zwischen 12°C und 40°C bietet. Bei über 40°C aus der Solaranlage wird die Wärme in einen Pufferspeicher (Schichtspeicher) eingelagert, unter 12°C wird Brunnenwasser als Energiequelle für die Wärmepumpen genutzt. Die Heizzentrale und der Pufferspeicher werden bewusst an einem zentralen Ort im Kloster untergebracht. Von dort werden Warmwasser über eine Zirkulationsleitung und Heizenergie über Zweirohrsystem mit Verteilern pro Regelzone in den Gebäuden bereitgestellt. Als Backup wird weiterhin die Fernwärme genutzt. Die Abwärme vom Kühlhaus soll in Zukunft ebenfalls eingebunden werden etc. Durch diesen Schritt soll der verbliebene Energiebedarf auf 8% (elektrische Energie) gesunken sein.

4. Schritt: „Den Restenergieverbrauch ökologisch aufbringen“
Dieser Strombedarf für die Wärmepumpe soll aus einer Photovoltaik-Anlage (ev. auch außerhalb) oder Ökostromzukäufen bzw. Windenergiebeteiligungen kommen.
Die Sanierungsarbeiten an den südlichen Gebäudeteilen und an der Heizung haben im Februar 2010 begonnen. Die Solaranlage muss noch auf einen positiven Bescheid durch die Stadt Graz warten. Das umfangreiche Monitoring, wie die Heizungssystemdetails von TB Köstenbauer & Sixl GmbH und der RESI Informatik & Automation GmbH geplant, werden bald starten.

Resümee

Die Sanierung historischer Gebäude ist ein Gebot der Stunde und eine gestalterisch wie ökologisch reizvolle Aufgabe. Hervorragende Beispiele und deren Verbreitung bieten sicherlich vielversprechende Wege, hochwertige Gebäudemodernisierungen zu schaffen – siehe Graz. Damit weitere Umsetzungen folgen bedarf es einer Neubewertung von Energiestandards und deren Erfassungsmethoden, und der Bereitschaft seitens der öffentlichen Hand, Geld für individuelle Konzepte in die Hand zu nehmen.

Literatur

  • [1] Bundesdenkmalamt Österreich: http://www.bda.at/faq/0/1118/13#id_13, aufgerufen am 23.02.2010, 16.15 Uhr
  • [2] Alexandra Troi: 3ENCULT – Projektvorstellung im Rahmen der öffentlichen Vortragsveranstaltung „Energieeffiziente denkmalgerechte Sanierung europäischen Kulturerbes“, Universität Innsbruck am 21.10.2010
  • [3] Interviews mit Bruder Mag. Matthias Maier (Guardian des Franziskanerklosters) unter anderem am 21.01.2010 in Graz

Dieses Projekt wurde im Rahmen des Programms „IEE – Intelligent Energy Europe“ durchgeführt und von der Europäischen Kommission, dem BMVIT und dem BMWFJ finanziert.

*) DI Armin Knotzer ist Mitarbeiter von AEE INTEC, Bereich Nachhaltige Gebäude. E-mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! [^]

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