Zeitschrift EE

Wärme für Wohnprojekte

Erneuerbare Energie und Wohnprojekte – das gehört eigentlich zusammen. Wie das funktionieren kann, haben das Wohnprojekt Hasendorf (NÖ) und die AEE NOW gemeinsam erarbeitet.

Das Wohnprojekt Hasendorf ist ein Gemeinschaftswohnprojekt mit starkem ökologischen Fokus. Das Grundstück liegt am Ortsrand von Hasendorf/Niederösterreich im Dreieck zwischen Krems, St.Pölten und Tulln und ist sowohl an Wien, als auch an die genannten Städte gut öffentlich angebunden.

Das Haus verfügt über 600 Quadratmeter Gemeinschaftsfläche (Co-Working-Space, Seminar­ raum, Kinderspielraum uvm.) und mehrere Wohn­einheiten mit in Summe 850 Quadratmetern individueller Wohnfläche.

Das Haus wurde nach dem Passivhaus-Standard errichtet. Verbaut wurden ökologische Materialien, vor allem von Firmen aus der Region. Das Energiekonzept für die Wärmeversorgung wurde in Zusammenarbeit mit der AEE NOW erarbeitet. Andreas Reiter (Leiter technisches Büro der AEE NOW) berichtet, worauf es dabei ankam.

Ein Gemeinschaftswohnprojekt ist für alle beteiligten Partner in der Planung und am Bau eine besondere Herausforderung

Wie sieht das Konzept für die Wärmeversorgung bzw. Kühlung des Wohnprojekts aus?

Eine Wärmepumpe mit Energiegewinnung über Tiefenbohrungen vorsorgt das Gebäude sowohl mit Wärme als auch Kühlenergie. Abgegeben wird diese Energie über Fußbodenheizungen in allen Ebenen. Zwecks Effizienzsteigerung wird zur Nacherwärmung der Sole aus den Tiefen­bohrungen eine Wärmerückgewinnung des Badeabwassers genutzt. Zusätzlich wird die Wärme der Innenluft durch ein zentrales Lüftungsgerät wieder zurückgewonnen. Alles zusammen ergibt eine Energierückgewinnung von fast 90 Prozent.

Über welchen Zeitraum zog sich die Zusammenarbeit und was genau war die Aufgabe der AEE NOW?

Im Februar 2016 erhielt die AEE NOW den Auftrag für die Planung und Baubegleitung von Heizung, Klimatechnik, Lüftung und Sanitärtechnik. Ein partizipativer Planungsprozess wurde gestartet, und gemeinsam mit dem Projektmanagement, den Architekten und vor allem den zukünftigen Bewohnern der Baugruppe erstellte die AEE NOW das Energiekonzept. Aufgabe war es, ein System zu finden, das Standard im Jahr 2030 sein wird. Da es eigene Holzvorkommen gibt, wurde sowohl auf Solarthermie mit Biomasse gesetzt, als auch auf ein Photovoltaik-Wärmepumpensystem.

Die AEE hat mittels einer eigenen Haustechnik-Matrix die Energiesysteme betreffend der Kosten, Alltagstauglichkeit, Ökologie und Nachhaltigkeit, Bauchgefühl und Resilienz bewertet. Mittels dieser Matrix konnte in gemeinsamen Meetings das für die „Hasen“ optimale System gefunden werden.

Dieses Energiesystem wurde danach geplant und ausgeschrieben, eine kompetente Firma in der Region mit der Ausführung beauftragt und die Anlage im März 2018 übergeben.

Gab es bezogen auf den Bau besondere Heraus­forderungen zu berücksichtigen?

Das partizipative Planen der Gebäudetechnik war sowohl für das Architekturbüro als auch für das Baumanagement neu. Entsprechend offensiv musste die AEE hier auftreten, um gemeinsam mit den Bauherrn die gewünschte Lösung umzusetzen. Dadurch wurden weit mehr Stunden für diese Planungsphase verbraucht, als ursprünglich kalkuliert waren.

Des weiteren fehlte Klarheit bei der Bau-Brandschutzplanung. Hier galt es von seiten der AEE, die Erfahrungen aus dem Anlagenbau einzubringen und Vorgaben von Ziviltechnikbüros aus dem Netzwerk der AEE einzufordern, die dann auch umgesetzt wurden. Dies war bei der Abnahme durch die Feuerwehr sehr hilfreich und klärend.

Wie wurden im Wohnprojekt Entscheidungen getroffen?

Die Entscheidungen für das Energiesystem, sowie für die PV-Dimension und Effizienzmaßnahmen wurden immer gemeinsam mit den Verantwortlichen der Wohnbaugruppe getroffen. Hier machte sich das strukturierte System der Baugruppe vielfach bezahlt, auch wenn dadurch mehr Zeit benötigt wurde, um das System detaillreicher darzustellen.

Die Gebäude sind nach dem Passivhaus-Standard errichtet

Was war für Euch als Techniker die größte Heraus­forderung?

Das Vereinsziel eine Haustechnikanlage mit Standard 2030 ohne finanzielles Experiment durchzubringen. Zusätzlich war gefordert, dass die einzelnen Wohneinheiten eine autarke Versorgung erhalten und dass mit dem installierten System gleichzeitig die Versorgung der Gemeinschaftsräume erfolgt, ohne die Anlage dafür größer dimensionieren zu müssen. Dies ist in jedem Bereich der Energienutzung gelungen. Einfache, aber genau abgestimmte Steuerungen versorgen zum Beispiel die Gemeinschafts- und Büroräumen nur dann mit Frischluft, wenn tatsächlich Personen in diesen Räumen aktiv sind.

Was habt Ihr in der Zusammenarbeit mit dem Wohn­projekt Hasendorf als besonders wichtige Faktor für eine stringente Konzeption und plangemäße Um­setzung erlebt?

Besonders wichtig ist die intensive Abstimmung mit allen anderen Partnern in der Projektumsetzung, um den definierten Wünschen der Baugruppe nachkommen zu können. Auf persönliche Kommunikation und emotionale Nähe muss mehr Aufmerksamkeit gesetzt werden, als auf Klärungssuche per Schriftverkehr. Allerdings muss nach dieser persönlichen Abklärung auch immer und immer wieder eine schriftliche Dokumentation folgen.

Foto: AEE NOW. Christian Rainer (Lemp Energietechnik), Johannes Rainer (Rain-o-tec), Andreas Reiter (AEE NOW) (v.l.n.r.)

AEE NOW aus der Sicht der Baugruppe

Die Zusammenarbeit mit Andreas Reiter von der AEE war nicht nur professionell, sondern wurde auch von gegenseitiger Wertschätzung getra­ gen. Ich habe in der Pla­ nungsphase sehr viel über verschiedene Energiekonzepte gelernt und den gemeinsamen Pro­zess zur Findung der für uns als Auftraggeber auch in Hinblick auf das Preis-Leistungsverhält­nis optimalen Lösung in sehr guter Erinnerung. Vor allem habe ich die Bereitschaft von Andreas geschätzt, offen zu sein und auch zusätzliche Ideen in die Überlegungen einzubeziehen. In der Umsetzungsphase möchte ich das beson­dere Engagement hervorheben, dem wir es zu verdanken haben, dass für unsere innovative Photovoltaikanlage auch eine ebensolche Förderlösung gefunden wurde.

JAN ENGELBERGER

So wohnen die „Hasen“

Das Gebäude ist dreigeschoßig errichtet und in Wohnbereiche, Gemein­schaftsräume und Arbeitsräume unterteilt.

  • das Untergeschoß ist in Betonbauweise ausgeführt
  • beide Obergeschoße sind in Holzriegel/Holzmassivbau ausgeführt
  • die oberste Geschoßdecke ist gleichzeitig ein gefaltetes Schrägdach

mit 36 bzw. 28 Grad Neigung

850 Quadratmeter individuelle Wohnfläche und 600 Quadratmeter Gemeinschaftsfläche

In einem partizipativen Planungsprozess wurde in der Baugruppe nicht nur das Gebäude gemeinschaftlich mit der Architektengruppe und dem Bauma­nagement entworfen, sondern es wurden auch zusammen mit dem Ingeni­eurbüro der AEE NOW die wesentlichen Charakteristika der Gebäude­technik definiert. Dazu wurden vier Lösungsansätze erarbeitet und betreffend der Punkte Ökologie, Ökonomie, sowie Resilienz und dem persönlichen „Bauch­gefühl“ bewertet. Nach langer Entscheidungsfindung verhalf eine eigene Matrix der AEE NOW der Baugruppe zu einer gemeinsamen Entscheidung.

Das Gebäude wird jetzt mit einer hocheffizienten zentralen Lüftungs­anlage versorgt, die zusätzlich mit den Volumenstromboxen in den jewei­ligen Wohneinheiten per CAT-Kabel verbunden ist und so die jeweils ge­ wünschten Volumenströme optimal am Zentralgerät einstellt. Damit lassen sich nahezu 50 Prozent Kühl- und Heizenergie gegenüber einer herkömmli­chen Fensterlüftung oder Abluftanlage einsparen. Den Restenergiebedarf liefert eine zentrale Wärmepumpenanlage, die das Gebäude mit Niedertem­peraturwärme (Fußbodenheizung) versorgt und mit einem geringdurchflos­senen Hochtemperaturnetz (55°C Vorlauftemperatur) den Warmwasserbedarf über dezentrale Warmwasserwärmetauscher deckt.

Die Energie für die Wärmepumpe wird über Tiefenbohrungen zur Verfügung gestellt, wobei die Sole im Winter immer über einen speziellen Abwasserwärmetauscher geführt wird, dabei auf zwei Quadratmetern fast 70 Prozent der Abwasserwärme zurückgewinnt und so für höchste Effi­zienz der Wärmepumpe sorgt.

Eine 30 kWp-Photovoltaik-Anlage, die in die homogene Dachlandschaft integriert wurde, versorgt das Gebäude mit 30.000 kWh PV-Strom. Der kal­kulierte Strombedarf für Heizung und Warmwasser von 20.000 kWh kann so bilanztechnisch gedeckt und es können noch zusätzliche Strommengen von 10.000 kWh im Gebäude genutzt werden. Abgerundet wurde dieses in­novative Projekt der Baugruppe Hasendorf mit einer Regen­wassernutzung mittels 8.000-Liter-Speicher und einem Pumpensystem für die ökologische Gartenbewässerung.

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