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Das Zentrum für Bioökonomie an der Universität für Bodenkultur

Martin Greimel

Die Universität für Bodenkultur Wien (BOKU), die „Universität des Lebens“ versteht sich als Lehr- und Forschungsstätte für erneuerbare Ressourcen. Aufga- be der BOKU ist es, durch die Vielfalt ihrer Fachgebiete zur Sicherung der Lebensgrundlagen für zukünftige Generationen entscheidend beizutragen. Durch die Verbindung von Naturwissenschaften, Technik und Sozial- und Wirtschaftswissenschaften mehrt sie das Wissen um die ökologisch und ökonomisch nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen. Mit ca. 13.000 Studierenden und fast 2.700 MitarbeiterInnen ist die BOKU eine der führenden Universitäten des Life-Sciences-Bereichs in Europa.

Bioökonomie ist an der Universität für Bodenkultur traditionell Forschungsschwerpunkt. Foto: BOKU

Rohstoffknappheit oder Verlust von Biodiversität, die BOKU deckt alle Forschungsebenen der Bioökonomie ab und sieht darin ein weltweites Alleinstellungsmerkmal. An der BOKU ist Bioökonomie Programm: Mehr als achtzig Prozent der Institute forschen und lehren in diesem Themenbereich. Der Schwerpunkt ist traditionell gewachsen. Die Universität hat von jeher Naturwissenschaften, Technologie und Sozialwissenschaften abgedeckt. Um die umfassenden bioökonomie-relevanten Aktivitäten universitätsintern zu koordinieren, interne und externe Kooperationen und Kollaborationen sowie die Kommunikation zu fördern, wurde im Mai 2019 das Zentrum für Bioökonomie geschaffen. Ziel des Zentrums ist die Initiierung und Unterstützung von bioökonomierelevanten Aktivitäten im Forschungs-, Bildungs- und Innovationsbereich.

Die BOKU betrachtet sich als ein wesentlicher Teilnehmer an der Findung von Lösungen für die großen gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit, wie z. B. den Klimawandel, die Rohstoffknappheit, den Verlust der Biodiversität, etc. Dabei spielt die Bioökonomie eine entscheidende Rolle.

Bioökonomie als ganzheitliches System

Das Ziel der Bioökonomie ist die Umwandlung aller auf nicht nachwachsenden Rohstoffen beruhenden wirtschaftlichen Aktivitäten zu einer auf nachwachsenden Rohstoffen basierenden Wirtschaft. Entsprechend dieser Definition sieht die BOKU die Bioökonomie als ganzheitliches System. Die Aktivitäten fokussieren einerseits auf die Erzeugung biobasierter Rohstoffe, die die Gewinnung von landwirtschaftlichen und forstwirtschaftlichen Rohstoffen sowie die Gewinnung von aquatischen Rohstoffen ebenso umfasst wie die Gewinnung von Rohstoffen aus Abfällen. Andererseits werden deren Be- und Verarbeitungsprozesse zur Herstellung von Lebens- und Futtermitteln, Materialien, Chemikalien, Pharmazeutika und Energie unter Berücksichtigung umwelt- und sozialwissenschaftlicher Aspekte untersucht.

Diesem ganzheitlichen Ansatz folgend arbeiten die Institute der BOKU in folgenden Bereichen, wobei die Bereiche miteinander vernetzt sind und Digitalisierung, Datenmanagement und Geschäftsmodelle als Querschnittsthemen zu verstehen sind.

Bereiche, mit denen sich bioökonomische Forschung an der Universität für Bodenkultur Wien beschäftigt. Quelle: BOKU (1https://sustainabledevelopment.un.org/?menu=1300)

Das Zentrum für Bioökonomie

Die Aufgabe des Zentrums für Bioökonomie ist die Vernetzung der Aktivitäten im Bereich Bioökonomie innerhalb der BOKU, sowie die Anregung von Kooperationen und Kollaborationen mit relevanten österreichischen und internationalen Institutionen. Beispielhaft sei die Aufgabe des Zentrums in der nachfolgenden Grafik dargestellt.

Vernetzung unterschiedlicher Forschungsaktivitäten durch das Zentrum für Bioökonomie am Beispiel der Nutzung von Laubbäumen Quelle: BOKU. (2 https://www.bbi-europe.eu)

Der Klimawandel wird europaweit zu einem verstärkten Anteil an Laubhölzern führen. Die damit zusammenhängenden Fragen im Bereich Rohstofferzeugung, Be- und Verarbeitung, Umwelt- und Sozialwissenschaft werden von unterschiedlichen Departments und Instituten an der BOKU bearbeitet (siehe vorhergehende Grafik). Da nicht alle Fragestellungen BOKU-intern bearbeitet werden können, wird auch mit in- und ausländischen Institutionen außerhalb der BOKU zusammengearbeitet, wie z. B. mit dem Bundesforschungszentrum Wald (BFW) oder mit Institutionen im Rahmen des EU-Forschungsrahmenprogrammes Horizon Europe.

Die BOKU hat bereits an der Erstellung der Österreichischen Bioökonomie-Strategie [1] mitgearbeitet und ist auch an der Erstellung des Aktionsplanes zur Umsetzung der Strategie beteiligt. Ziel der Österreichischen Bioökonomiestrategie ist es, konkrete Maßnahmen zur Etablierung der Bioökonomie in Österreich zu identifizieren, um biobasierte Produkte, Bioenergie sowie damit verbundene Technologien und Dienstleistungen zu forcieren. Neben der Sicherung von Arbeitsplätzen und der Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung stehen die Erreichung der Klimaziele, die Reduktion der fossilen Abhängigkeit, die Förderung von Innovationen sowie die Förderung einer nachhaltigen gesellschaftlichen Transformation im Fokus der Aktivitäten.

Bioökonomie international

Auf internationaler Ebene hat die BOKU im Juli 2019 mit fünf anderen auf Bioökonomie spezialisierten Universitäten (AgroParisTech, Universität Bologna, Universität Hohenheim, Universität Wageningen, Eastern University Finland) ein Memorandum of Understanding abgeschlossen und die European Bioeconomy University Alliance (EBU) gegründet. Die sechs Universitäten haben eine verstärkte Zusammenarbeit bei bioökonomischen Aktivitäten in Forschung und Lehre beschlossen. Sie streben gemeinsam Forschungskooperationen und einen verstärkten Austausch von Studenten und Professoren sowie die Entwicklung gemeinsamer Lehrpläne an.

Es gibt einige Institutionen, die in Teilbereichen der Bioökonomie forschen und lehren, aber der gesamtheitliche Ansatz des Zentrums für Bioökonomie der BOKU ist ein österreich- und europaweites Alleinstellungsmerkmal. Das Zentrum für Bioökonomie möchte dieses Alleinstellungsmerkmal in den kommenden Jahren bestmöglich weiterentwickeln.

Statement

"Wichtig bei Bioraffinerie-Entwicklungen bzw. allgemein im Bereich Bioökonomie ist, dass nicht alles, was biobasiert ist, automatisch auch nachhaltig und ökologisch sinnvoll ist. Hier ist daher eine Gesamtbetrachtung notwendig, da auch nachwachsende Rohstoffe nicht unbegrenzt zur Verfügung stehen. Bioökonomie ist als Teil der Kreislaufwirtschaft zu denken, wobei die Kreisläufe beginnend bei der Produktion über die Nutzung bis hin zum Ende des Produktlebenszyklus betrachtet werden."
Josef Innerlohinger, Head of Monitoring & Funding, Global R&D, Lenzing Aktiengesellschaft

Weiterführende Informationen

  1. Link zur Österreichischen Bioökonomie-Strategie: https://www.bmnt.gv.at/umwelt/klimaschutz/biooekonomie/Bio%C3%B6konomie-Strategie-f%C3%BCr-%C3%96sterreich.html

Autor

Dr. Martin Greimel ist Leiter des Zentrums für Bioökonomie an der Universität für Bodenkultur. Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

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