Zeitschrift EE

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Energieaktive Vorhangfassaden in der Bestandssanierung

Johann Aschauer, Christian Liebminger

Integrale Low-Tech Konzepte – Beispiel Liebenauer Hauptstraße Graz

GAP-Solution fokussiert sich mit seinen Low Tech-Konzepten und -Produkten im deutschsprachigen Europa auf die Sanierung von mehrgeschossigen Wohnbauten und ermöglicht mittlerweile eine Sanierung auf Plus-Energie-Standard (inkl. Raumwärme, Warmwasser und Haushaltstrom). Der erfolgreiche Einsatz der Wabentechnologie begann vor mehr als 20 Jahren und umfasst bereits mehr als 150 000 m² Fassadenfläche!

Energieaktive Vorhangfassaden in der Liebenauer Hauptstraße, Graz Foto: GAP-Solution

Die Wohnhausanlage in Graz – Liebenauer Hauptstraße, deren energetische Eigenschaften auf dem Niveau von 1978-1979 lagen, d. h. mit ungedämmten Außenwänden, einer Vielzahl von Wärmebrücken, einer zentralen, gasbefeuerten Heizungsanlage und strombetriebenen Boilern zur dezentralen Warmwassererzeugung, entspricht dem normalen Standard der Wohnbauten bis in die 1980er Jahre.

Objekt GIWOG Graz Liebenauer Hauptstraße 302-306

Der Endenergieverbrauch für Heizung sollte von ca. 135 kWh/m² WNF a durch die Modernisierung auf ca. 8 kWh/m² WNF a gesenkt werden, was einer Energieverbrauchsreduktion für Raumwärme von ca. 95 % entspricht. Für Konzeption, Planung und Bauüberwachung zeichneten dabei GAP-Solution und Energie Service verantwortlich.

Erreicht wird die energetische Qualität im Wesentlichen durch den Einsatz spezieller, rein passiv wirkender, GAP Solar-Wabenpaneele mit der äußersten Schicht aus Sicherheitsglas.

Funktionsschema Fassadenelement. Quelle: GAP-Solution

Solarfassaden-Paneel Schnitt Foto: GAP-Solution

Farbgestaltungsmöglichkeiten Foto: GAP-Solution

Damit wirkt auf das Gebäude dahinter ein völlig anderes „Aussen-Klima“ und erlaubt eine stark reduzierte Haustechnik. Außerdem dienen fassadenintegrierte Photovoltaik-Module zur gleichstrombasierten Warmwasservorerwärmung. Der Schwerpunkt liegt dabei auf einem Low-Tech-Ansatz mit gleichstrombasierter Warmwasservorerwärmung ohne Wechselrichter, ohne Netzeinspeisung, ohne zusätzliche Zähler, sowie der Erreichung eines hohen Vorfertigungsgrades.

Funktionsschema Warmwasserbereitung. Quelle: GAP-Solution

Fassadenintegrierte PV Foto: GAP-Solution

Erfahrungen aus der praktischen Umsetzung

Die Firma Kulmer Holz-Leimbau GesmbH, mit rund 70 Mitarbeitern und einer Produktionsfläche von 14 500 m² auf ihrem Produktionsstandort in Pischelsdorf, durfte bereits eine Vielzahl von Projekten mit energieaktiven Fassaden und Vorhangfassaden aus Holz umsetzen. Im Jahr 2008 wurde das erste Projekt am Dieselweg Graz erfolgreich mit GAP-Solution umgesetzt. Mittlerweile wurden rund 50 000 m² an innovativen Fassadenflächen verbaut. Besonders hervorzuheben ist die Generalsanierung von drei achtgeschossigen Wohnblöcken in der Liebenauer Hauptstraße in Graz.

Im Gegensatz zu einer herkömmlichen Sanierung mit einem Wärmedämmverbundsystem, bei der aufwändige Gerüstungen, Lärm, Schmutz und vor allem lange Bauzeiten zu erwarten gewesen wären, konnte die Sanierung mit weitestgehend vorgefertigten Wandbauteilen in Holzbauweise realisiert werden. Ein fertiges Fassadenelement war rund 2,8 m hoch und bis zu 13,6 m lang. Sowohl Fenster, Sonnenschutz, und Fassadenelemente, als auch Gap- bzw. Photovoltaikelemente waren in der Wand ab Werk integriert. Hier wurde ein Vorfertigungsgrad von rund 90 % erreicht, dadurch konnte eine gleichmäßige und sehr hohe Qualität erzielt werden.

Im Schnitt konnten pro Tag rund 300 m² mit einer „Arbeitspartie“ auf der Baustelle verbaut werden. Die Anforderung an die Logistik im Werk ist bei so einem Projekt enorm. Die Lieferungen der tragenden Massivholzplatten und der zu verbauenden Komponenten erfolgte „just in time“. Insgesamt wurde bei diesem Projekt eine Fassadenfläche von rund 14 000 m² produziert, transportiert und montiert. Für diese Fläche wurden 950 m³ Holz, 620 Fenster, 5050 Waben-Paneele, 545 Photovoltaikelemente, 17,5 km Fassadenprofile und rund 4,0 km Fensterleibungen aus Blech verbaut. Im Vergleich dazu werden bei einem Dachstuhl eines klassischen Einfamilienhauses rund 5 m³ Holz benötigt.

Der größte Vorteil war aber, dass die Montage ausschließlich von außen erfolgte und die BewohnerInnen ihre Wohnungen für die Zeit der Sanierung nicht verlassen mussten. Somit konnte die Belastung der MieterInnen gering gehalten werden.

Das Potenzial dieses Sanierungsansatzes ist alleine im Geschoßwohnbau enorm, wenn man bedenkt, dass 75 Prozent aller Gebäude in Österreich älter sind als 35 Jahre. Er kann aber auch auf andere großvolumige Gebäudekategorien wie etwa Hotels oder Heime übertragen werden.

Derzeit liegt die jährliche Sanierungsrate deutlich unter einem Prozent. Nicht nur die Nachhaltigkeit, der ökologische Gedanke, sowie die individuell gestaltete und hochwertige Fassade bei kürzester Bauzeit sind als USP’s (Unique Selling Points: Alleinstellungsmerkmal, Verkaufsargument) der Fassade zu nennen, sondern letztendlich auch ihre Wirtschaftlichkeit bezogen auf den Lebenszyklus.

Mittlerweile kann GAP-Solution aufzeigen, dass nachhaltiges, qualitativ hochwertiges Sanieren bei den meisten Projekten rein über Energie-Einsparungen finanziert werden kann und eine Instandhaltungskomponente gar nicht strapaziert werden muss.

Vorgefertigte Wandelemente auf der Baustelle. Foto: Kulmer Holz-Leimbau GesmbH

Autoren

Dipl.-Ing. Mag. Johann Aschauer ist Geschäftsführer der GAP-Solution GmbH. Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Dipl.-Ing. Christian Liebminger ist Leiter des Holzbaus bei Kulmer Holz-Leimbau GesmbH. Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

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