Zeitschrift EE

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Prozesswärme im südlichen Afrika

Werner Weiss

Nicht nur in den Industrieländern, sondern auch in afrikanischen Ländern ist die Energiewende im Gange. Wesentliche Treiber der Aktivitäten sind die UN-Initiative „Nachhaltige Energie für Alle“ (SE4All), die „Ziele für Nachhaltige Entwicklung“ (SDGs) und die Umsetzung der auf der UN-Klimakonferenz der Vereinten Nationen in Paris im Dezember 2015 erzielten Vereinbarung zur Eindämmung der Erderwärmung.

Foto: E3 Energy / SOLTRAIN

Ein wichtiges regionales Dokument zur Umsetzung ist der von der Entwicklungsgemeinschaft des südlichen Afrikas (SADC) beschlossene Strategie- und Aktionsplan für erneuerbare Energien und Energieeffizienz (REEESAP).

Um die im REEESAP und den UN Dokumenten genannten Ziele zu erreichen, müssen alle verfügbaren erneuerbaren Energiequellen und -technologien genutzt werden. Auf SADC-Ebene wurde der verstärkte Einsatz erneuerbarer Energien als ein wesentliches Thema angesehen und thermische Solarsysteme als eine der wichtigsten Technologien für den Wärmesektor erkannt.

Heizen und Kühlen umfasst auch im südlichen Afrika eine Vielzahl von Anwendungen wie Kochen, Warmwasserbereitung im Haushalts-, Spitals- oder Hotelsektor, Raumheizung sowie Kühlung von Gebäuden. In der Industrie umfasst es neben der Trocknung von landwirtschaftlichen Produkten auch die Bereitstellung von Prozesswärme, wie z. B. Niedertemperaturanwendungen in der Lebensmittelindustrie. Um die Größenordnung des Potenzials darzustellen: Heizen und Kühlen für private, gewerbliche und industrielle Zwecke macht nahezu 50 % des gesamten Endenergiebedarfs im südlichen Afrika aus.

Um die Nutzung der Solarenergie für die oben genannten Anwendungen zu unterstützen, arbeitet AEE INTEC seit neun Jahren in den sechs Partnerländern Botswana, Lesotho, Mosambik, Namibia, Südafrika und Simbabwe mit Universitäten und anderen Bildungseinrichtungen sowie Unternehmen im Rahmen des von der Austrian Development Agency und OFID finanzierten SOLTRAIN-Projektes zusammen. Die drei Kernbestandteile des Projektes bilden umfangreiche Ausbildungsmaßnahmen, die Unterstützung der Regierungen bei der Erarbeitung von Solarthermie-Roll-out-Programmen sowie die Errichtung von Demonstrationsanlagen.

Seit Projektbeginn wurden mehr als 3000 Personen in Planung, Errichtung und Qualitätskontrolle von thermischen Solaranlagen ausgebildet und das in den Kursen Gelernte wurde von lokalen Firmen bisher in 260 Demonstrationsprojekten umgesetzt. Die errichteten Anlagen spannen den Bogen von kleinen Anlagen mit 2 m² Kollektorfläche zur Warmwasserbereitung von Einfamilienhäusern, über mittelgroße Anlagen von 20 – 50 m² Kollektorfläche für soziale Einrichtungen, Studentenheime oder Hotels bis hin zu Anlagen für die Versorgung von gewerblichen und industriellen Prozessen mit bis zu 600 m² Kollektorfläche. Der jährliche Solarertrag aller errichteten Anlagen beträgt 2900 GWh. Dies entspricht einer Stromeinsparung von 3,2 Millionen kWh und der Vermeidung von mehr als 1000 Tonnen CO2.

Zu Beginn des Projektes konzentrierte sich die Ausbildung auf die Grundlagen der thermischen Solarenergienutzung und auf Kleinanlagen zur Warmwasserbereitung. Mit dem Fortschreiten des Projektes wurde in speziellen Planungs- und Design Workshops auf komplexere Anlagenkonfigurationen und Anwendungen fokussiert. Neben solarem Kühlen standen dabei vor allem Anwendungen im Gewerbe– und Industriebereich im Vordergrund.

In Simbabwe und Südafrika wurden bisher insgesamt fünf Anlagen im Gewerbe– und Industriebereich errichtet. Eine weitere Anlage in der Größenordnung von 100 – 200 m² Kollektorfläche ist derzeit in Lesotho zum Trocknen von Hagebutten geplant.

Bisher im Rahmen von SOLTRAIN errichtete solare Prozesswärmeanlagen

Größte Solaranlage für industrielle Prozesswärme südlich der Sahara

Wie in der Tabelle ersichtlich, kommen die Anlagen für sehr unterschiedliche Anwendungen zum Einsatz. So wurde eine Solaranlage mit 120 m² Kollektorfläche bei der CBC Brauerei (Cape Brewing Company) in Suider-Paarl, nördlich von Kapstadt errichtet. Die Solaranlage dient zur Erwärmung des Brauwassers in einem 10.000 Liter fassenden Edelstahltank. Darüber hinaus wird das Warmwasser auch für Reinigungsprozesse genutzt.

120 m² Flachkollektoren am Dach der Cape Brewing Company in Suider-Paarl. Foto: E3 Energy / SOLTRAIN

Eine weitere Anlage wurde für ein Schlachthaus erreichtet. Das Familienunternehmen Chalmar Beef Pty (Ltd) in Bapsfontain in der Nähe von Johannesburg ist ein Familienunternehmen, das schon 1969 gegründet wurde. Im Schlachthaus werden pro Tag bis zu 400 Rinder geschlachtet. Da für Reinigungszwecke, aber auch für die Duschen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erhebliche Mengen Warmwasser erforderlich sind, hat sich das Unternehmen entschlossen, die Warmwasserbereitung auf Solarenergie umzustellen. Die Anlage liefert seit 2016 jährlich einen Solarertrag von rund 80 MWh.

Gerberei Klein Karoo - Mit knapp 560 m² Kollektorfläche die größte solare Prozesswärmeanlage südlich der Sahara. Foto: E3 Energy / SOLTRAIN

Die bisher größte Solaranlage für industrielle Prozesswärme südlich der Sahara wurde Ende des Jahres 2018 bei der Gerberei Klein Karoo fertig gestellt. Die Anlage hat eine Kollektorfläche von 556.8 m², entsprechend einer installierten Leistung von 390 kW th . Das solar erwärmte Prozesswasser wird in zwei je 20.000 Liter fassende Speicher eingespeist, bevor es im Gerbprozess zur Verarbeitung von Straußen- und Krokodilleder sowie von Wildhäuten genutzt wird.

Die zwei je 20.000 Liter fassenden Pufferspeicher vor der Fertigstellung der Wärmedämmung Foto: E3 Energy / SOLTRAIN

Autor

Dipl.-Päd. Ing. Werner Weiss ist Geschäftsführer von AEE INTEC und leitet das Projekt SOLTRAIN. Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Weiterführende Informationen

Statement

"Das Potenzial für solare Prozesswärmeanlagen in Südafrika ist nicht zuletzt aufgrund der exzellenten solaren Einstrahlung in der Region enorm. Demonstrationsanlagen wie „Cape Brewing Company“ und „Klein Karoo International Tannery“, die im Rahmen von SOLTRAIN errichtet wurden, können dazu beitragen, die Sichtbarkeit der Technologie zu steigern und Stakeholder ermutigen, solare Prozesswärme in ihren Betrieben einzusetzen. Spezielle Ausbildungskurse für solare Prozesswärme im Rahmen von SOLTRAIN unterstützten die Umsetzung dieser zwei qualitativ hochwertigen solaren Prozesswärmeanlagen." Doran Schoeman, CEO E3 Energy (Pty) Ltd, Südafrika

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