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Wasser, Energie und Ernährungssicherheit im Fokus der UN Entwicklungsziele

Von Waltraud Rabitsch

Zugang zu sauberem Wasser und sanitären Einrichtungen ist in unseren Breiten eine Selbstverständlichkeit, in den sogenannten Entwicklungsländern sind viele Menschen davon ausgeschlossen. Gleiches gilt für die Energieversorgung: in der westlichen Welt ist die Versorgung mit elektrischem Strom rund um die Uhr gewährleistet, während vor allem in Afrika die Menschen weitgehend von Biomasse abhängig sind. Das Sammeln von Feuerholz obliegt den Frauen, die oft weite Wege vor sich haben, um das Holz für Kochen und Waschen zu sammeln. Auch Dung wird zum Kochen verwendet und nicht auf die Felder ausgebracht, wodurch wichtige Stoffe für den Boden verloren gehen. Mangelndes Wasser und unzureichende Bewässerung schränken die Produktivität weiter ein und ohne ausreichende Energieversorgung können landwirtschaftliche Produkte nicht konserviert und weiterverarbeitet werden. Das wirkt sich auf die Ernährungssicherheit der lokalen Bevölkerung aus, wie auch auf die Möglichkeit, zusätzliche Einkommen zu generieren und lokale Wertschöpfung zu schaffen. Knappheit an natürlichen Ressourcen und diesbezügliche Nutzungskonflikte sind keine Seltenheit, treten jedoch weitgehend punktuell und vor allem in Entwicklungsländern auf.

Portrait

UN Entwicklungsziele als globale Herausforderung

Wenn Entwicklung im gleichen Maße fortgesetzt wird, das heißt weitgehend auf Kosten der natürlichen Ressourcen stattfindet, und die globalen demographischen Trends - wie Bevölkerungswachstum und Urbanisierung, verändertes Konsumverhalten etc. - anhalten, ist die Versorgung der Menschen mit Wasser, Energie und Nahrungsmitteln global gefährdet. Der Klimawandel trägt zur Verschärfung der Situation bei; wiederkehrende Dürren, Überschwemmungen und andere Folgen des Wandels gefährden die natürlichen Ressourcen und machen die Menschen, Ökosysteme aber auch die Wirtschaft zunehmend verwundbar.
Laut Berechnungen internationaler Organisationen bedarf es einer Steigerung der landwirtschaftlichen Produktion um 70 Prozent, um die Ernährung der Weltbevölkerung im Jahre 2050 zu sichern.1 Schon im Jahr 2030 soll der Bedarf nach sauberem Wasser den vorhandenen Vorrat an Wasserreserven um 40 Prozent übersteigen2, und etwa 2035 wird der weltweite Energiebedarf voraussichtlich um ein Drittel über dem heutigen liegen.3
Nicht verwunderlich, dass der Nexus-Ansatz  im Vorfeld der Rio+20 Konferenz stark propagiert wurde, heutzutage auf der Entwicklungsagenda vieler nationaler und internationaler Organisationen steht und zum Kern der UN Agenda 2030 und der Sustainable Development Goals (SDGs) gehört. Tatsache ist, dass es systemische und umfassende Ansätze für die Ausgestaltung von Politiken und deren praktischen Umsetzung braucht, um den vielfältigen Problemen und Herausforderungen der modernen Welt zu begegnen und die Entwicklung nachhaltig zu gestalten.

(Anm.: Der aus dem Lateinischen stammende Begriff “NEXUS” beschreibt eine Verbindung bzw. einen Zusammenhang. Im Bereich natürliches Ressourcenmanagement tauchte der Begriff erstmalig in den 1980er-Jahren auf (Food-Energy Nexus Programme, (Sachs and Silk 1990)). Internationale Beachtung erfuhr das Thema in akademischen und politischen Kreisen seit der Bonn2011 NEXUS Conference)

Sektorübergreifende Analysen: notwendig aber nicht einfach

Zwischen den Bereichen Wasser, Energie und Land bzw. Landwirtschaft gibt es vielfältige Beziehungen und wechselseitige Abhängigkeiten, mögliche Synergien aber auch mögliche Zielkonflikte was den Zugang und die Nutzung von Wasser, Energie sowie Land und Nahrungsmittel betrifft. Diese komplexen Zusammenhänge können nicht durch isolierte sektorielle Ansätze und Programme in den Griff bekommen werden, sondern benötigen das Zusammenspiel aller verantwortlichen AkteurInnen und Institutionen. Die Notwendigkeit dieses „sektorübergreifenden“ Vorgehens ist unbestritten – in den Industrie- und Entwicklungsländern selbst sowie der internationalen Zusammenarbeit gleichermaßen, ist jedoch noch kaum in der institutionellen Praxis verankert. Vielerlei Faktoren behindern gemeinsame systemische Analysen und systematische wie kontinuierliche Zusammenarbeit: unzureichende Kapazitäten und Ressourcen ebenso wie Partikularinteressen und fehlende Anreize.

Erfolgsgeschichten und auch Fehlschläge

Nexus-Ansätze können nicht nur von oben oder von außen geplant werden, sondern müssen insbesondere auch den Prioritäten und Interessen auf lokaler Ebene Rechnung tragen. Diesbezüglich gibt es ermutigende Beispiele: So wurden etwa im Rahmen des Regionalentwicklungsprogramms in der Boucle de Mouhoun (Burkina Faso), das die Austrian Development Agency (ADA), die Agentur der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit, fördert, einfache Biogasanlagen auf lokaler Ebene etabliert, welche die Energieversorgung für Haushalte und Gemeinden sichern. Zusätzlicher Vorteil ist, dass der tierische Dung durch diese Form der Energieerzeugung als Dünger nicht verloren geht und die landwirtschaftliche Produktion und Ernährung sichert.
Auf der Hand liegt der Einsatz von solarbetriebenen Pumpen in der Wasserversorgung. Die ADA unterstützt diesbezüglich das ugandische Wasserministerium seit vielen Jahren finanziell und mit technischem Knowhow. Die Wasserversorgung benötigt viel Strom. Das nationale Netz ist allerdings völlig überlastet und wenig zuverlässig. Die Pumpen laufen deshalb oft nur wenige Stunden am Tag. Durch den Einsatz der Solarpumpen kann der Betrieb den ganzen Tag über aufrechterhalten werden, und das Stromnetz wird zugunsten anderer Nutzer entlastet.
Weniger von Erfolg gekrönt war der Ansatz bisher in Georgien: In der Region Kachetien bestand die Idee Getreidestroh für die Energiegewinnung zu nutzen, um eine Alternative zu Feuerholz und Erdgas zu schaffen. Diese Idee scheiterte bisher an der wirtschaftlichen Machbarkeit - das Sammeln und der Transport des Strohs ist zu kosten- und zeitaufwendig - und teilweise an den traditionellen landwirtschaftlichen Methoden. Die BäuerInnen lassen das Stroh lieber auf den Feldern und brennen es ab, um so den Boden zu düngen. Damit das Konzept aufgeht, bräuchte es weitere Maßnahmen: Information und Beratung (inkl. Überzeugungsarbeit) der BäuerInnen, gesetzliche Regelungen und Anreize sowie ein stärkeres Engagement und Investitionsinteresse des Privatsektors.

Pragmatismus und Flexibilität sind gefragt

Die Beispiele zeigen, dass es Möglichkeiten und Lösungsansätze gibt, Synergien zwischen Wasser, Energie und Ernährungssicherheit zu nutzen und potentielle Zielkonflikte zu meistern, auch wenn man in der Realität oft pragmatisch vorgehen und lokale Realitäten berücksichtigen muss. Es bedarf großer Flexibilität in der internationalen Zusammenarbeit, um mittels systemischer Ansätze wie dem Nexus eine nachhaltige und inklusive Entwicklung bei gleichzeitiger Erhaltung der natürlichen Ressourcen zu erreichen.

Solarbetriebene Pumpen fördern zuverlässig Wasser für die Versorgung der Bevölkerung von Ryakarimira, einer Kleinstadt im Südwesten von Uganda. Foto: ADA/Schattauer

Literatur

  1. FAO (2009) Global agriculture towards 2050
  2. WEF (2011) Water security: The Water-Energy-Food-Climate-Nexus
  3. IAE (2012) World Energy Outlook 2012

Autorin

Maga Waltraud Rabitsch arbeitet als Fachreferentin für Armutsminderung, ländliche Entwicklung und Dezentralisierung in der Austrian Development Agency und ist Mitglied der Arbeitsgruppe Nexus Wasser-Energie-Ernährungssicherheit.

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