Zeitschrift EE

 erneuerbare energie: 2.2021

Batteriespeicher liegen im Trend

Der Wandel vom reinen Stromkonsumenten zum „Prosumer“ war nur der erste Schritt: Bald wird es normal sein, einen Teil seines benötigten Stroms zwischenzuspeichern.

Text: Mario Sedlak

In den letzten Monaten sind die Groß handels-Strompreise an den Börsen drastisch gestiegen. Politisch gewolltehohe CO2-Preise und die Abschaltung der deutschen Atomkraftwerke bis Ende 2022 lassen erwarten, dass das Strompreisniveau hoch bleiben wird. Damit werden auch große und kleine Endverbraucher mit spürbaren Strompreissteigerungen rechnen müssen. Das wird die Stromproduktion mittels Photovoltaikanlagen und einen Batteriespeicher, mit dem die Eigenverbrauchsquote erhöht werden kann, rentabler machen. Lokale Energiegemeinschaften, die durch das Erneuerbaren Ausbau Gesetz (EAG) möglich werden, können die Kosten weiter drücken, weil dann größere, gemeinsam genutzte Speichersysteme angeschafft werden können, die billiger als viele kleine, dezentrale sind.

Energiespender Sonne. Foto: PxHere

Für kleine Gewerbebetriebe und Haushalte mit überdurchschnittlichem Stromverbrauch kann sich ein Stromspeicher heute schon lohnen. Etwa 30.000 Akkus mit einer Speicherkapazität von über 200.000 kWh dürften bereits in österreichischen Haushalten und Gewerbebetrieben vorhanden sein. Fast alle sind Lithium-Akkus. Andere Akkutypen wie Bleiakkus oder Salzwasserbatterien (Natrium-Ionen-Technologie) sind derzeit teurer, weniger leistungsfähig und/oder haben tendenziell eine kürzere Lebensdauer.

Die Brutto-Anschaffungspreise eines Lithium-Speichersystems inklusive Montage bewegen sich im Bereich ab 900 Euro pro Kilowattstunde Speicherkapazität für Kleinanlagen mit 3 kWh. Größere Systeme mit über 10 kWh können schon ab 500 €/kWh erhältlich sein. Der Markt ist intransparent. Die Preise erfährt man meist nur auf Anfrage, und jeder Käufer ist gut beraten, bei mehreren Elektrikern ein Angebot einzuholen. Ein konzessionierter Elektrotechniker ist auf jeden Fall einzubeziehen, damit es zu keinen schädlichen Netzrückwirkungen durch die Batterie kommen kann. Expertenwissen ist auch nötig, wenn eine bestehende PV-Anlage mit einem Speicher nachgerüstet werden soll, denn nicht jeder Speicher ist für jede Anlage geeignet. Am einfachsten ist es, wenn PV-Anlage und Speicher gleichzeitig angeschafft werden.

Aktuell erhältliche Speichersysteme auf Basis von Lithium-Akkus erreichen eine Effizienz von bis zu 95 %. Das geht aus Tests der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin hervor, die einmal jährlich eine „Stromspeicher-Inspektion“ durchführt (Ergebnisse auf www.stromspeicher-inspektion.de). Die besten Systeme verwenden Wechselrichter mit Siliziumkarbid-Leistungshalbleitern, welche einen höheren Umwandlungswirkungsgrad als noch vor ein paar Jahren ermöglichen.

Für die Akkus wird üblicherweise eine Lebensdauer von zehn Jahren garantiert. Bis zu 20 Jahre sind realistisch, allerdings kann die Elektronik vorher ausfallen. Diese ist von der Garantie meist nicht abgedeckt. Damit der Akku seine maximale Lebensdauer erreichen kann, muss die Umgebungstemperatur möglichst konstant um die 20°C betragen. Für die Aufstellung im Freien sind die Akkus daher nicht geeignet. Rund 1 % Kapazitätsverlust pro Jahr durch die Alterung des Akkus ist normal und einzukalkulieren. Hingegen ist die Zahl der Ladezyklen bei den heutigen Speichersystemen kaum relevant. Die möglichen Ladezyklen, die Hersteller für ihre Akkus angeben, sind keine genormten, vergleichbaren Kenngrößen und werden von typischen Speichersystemen mit höchstens 250 Zyklen pro Jahr auch in 20 Jahren nicht erreicht.

Marktführer bei Photovoltaik-Heimspeichern sind die Firmen Sonnen und BYD mit 20 bzw. 18 Prozent Marktanteil in Deutschland im Jahr 2020. Dicht dahinter rangieren die Lieferanten E3/DC und Senec. Das ermittelte die Bonner Marktforschungsfirma EUPD Research durch umfangreiche Recherchen bei Herstellern, Installateuren und Kunden sowie durch eigene Schätzungen. Die Sonnen GmbH ist ein deutscher Hersteller, der seit 2011 Lithium-Akkus als Heimspeicher anbietet. 2019 wurde die Firma von Shell aufgekauft. BYD ist ein chinesisches Unternehmen, das auch Elektroautos herstellt. Die Akkus, die BYD als Heimspeicher verkauft, haben sich in den Elektroautos bewährt. E3/DC ist wieder eine deutsche Firma. Sie ist seit 2012 am Markt und wurde 2017 von der ebenfalls deutschen Hager Group übernommen, die ein führender Anbieter für Elektro-Installationen in unserem Nachbarland ist. Auch Senec ist ein deutsches Start-up. Ab 2011 verkaufte es Blei-Akkus als Heimspeicher, ab 2015 Lithium-Akkus, und 2018 wurde es vom deutschen Stromkonzern EnBW übernommen.

Für die Wirtschaftlichkeit einer Speicheranlage ist entscheidend, dass es ausreichend viel überschüssigen Solarstrom gibt, der dank Akku zu einem späteren Zeitpunkt selbst verbraucht werden kann. Entscheidend ist außerdem, dass der Akku nicht zu groß ist. Mit steigender Kapazität wird jede weitere Kilowattstunde Speicherkapazität immer seltener genutzt. Betriebswirtschaftlich muss der Grenznutzen der letzten Kilowattstunde deren Kosten überwiegen. Ist das nicht der Fall, sollte – rein ökonomisch betrachtet – ein kleinerer Akku gewählt werden. Für eine genaue Wirtschaftlichkeitsrechnung sind möglichst fein aufgelöste Zeitreihen der Solarstromerzeugung und des Verbrauchs erforderlich. Für Haushalte gibt es auch einfache Schätzrechner im Internet:

https://pvspeicher.htw-berlin.de/unabhaengigkeitsrechner und www.pv-now-easy.de

Freie Speicherkapazität (z. B. im Winter) könnte auch zum Nachladen von Netzstrom in den günstigsten Stunden genutzt werden, wenn man einen entsprechenden Vertrag mit dem Stromanbieter hat, damit sich das rechnet. Theoretisch könnte der Strom auch in den teuersten Stunden wieder zurück in das Netz gespeist werden. Akkus können auch Regelenergie liefern, allerdings sind bei keiner der genannten Anwendungsmöglichkeiten bedeutende Deckungsbeiträge zu erwarten. Eher interessant ist für Gewerbebetriebe die Möglichkeit, mittels Speicher die Stromverbrauchsspitzen zu reduzieren, um weniger Leistungspreis an das Netz bzw. den Lieferanten zu zahlen. Auch eine Notstromversorgung kann von den Speichern mit abgedeckt werden, allerdings meist mit erheblichem Aufpreis, insbesondere wenn die Versorgung bei Netzausfall vollkommen automatisch und unterbrechungsfrei auf den Akku umgeschaltet werden soll.

UMWELTFREUNDLICHKEIT

In Österreich werden Batteriespeicher derzeit – mangels anderer Anreize – nahezu ausschließlich für die Optimierung des Eigenverbrauchs eingesetzt. An sonnigen Sommertagen sind die Akkus häufig schon am Vormittag voll, sodass die Mittagsspitze des erzeugten Solarstroms voll ins Netz gespeist wird. Da Netze für die größte auftretende Belastung ausgelegt werden müssen, können so keine Netzkapazitäten eingespart werden. Für einen netzdienlichen Betrieb der Akkus müssten sie zentral gesteuert werden: Bei Überschuss in der Regelzone sollten sie geladen werden, und bei momentaner Unterdeckung entladen. Auch bei regionalen oder lokalen Netzengpässen könnten sie helfen, wenn die Netzbetreiber sie steuern könnten.

Die CO2-Emissionen, die bei der Herstellung von Lithium-Akkus anfallen, werden von diversen Studien auf 60 bis 100 kg pro Kilowattstunde Kapazität geschätzt. Um diese auszugleichen, müsste der Akku während seiner Lebensdauer pro Kilowattstunde Kapazität die Einspeisung von zusätzlichen rund 100 kWh Ökostrom ermöglichen, die ohne den Akku wegen Netzengpässen abgeregelt werden hätten müssen. Bei einem netzdienlichen Betrieb kann das vermutlich leicht erreicht werden (in den nächsten 20 Jahren wird es Netzengpässe, die zum Abschalten von PV-Anlagen oder Windkraftwerken zwingen, immer häufiger geben, wenn der Ausbau wie geplant stattfindet, um Österreich bis 2040 klimaneutral zu machen).

Ausgediente Akkus sind Sondermüll, aber bei fachgerechter Entsorgung dennoch kein relevantes Umweltproblem: „Durch das Recycling der Akkus nach Stand der Technik werden – anders als oft vermutet – schädliche Auswirkungen auf Mensch und Umwelt vermieden. Die Wiedergewinnung von Rohstoffen vermeidet die Umweltbelastungen bei deren Primärproduktion. Mit unseren Verfahren können wir bereits 25 % der CO 2-Äquivalente im Vergleich zur Primärproduktion einsparen“, erklärt Astrid Arnberger vom österreichischen Entsorgungsspezialisten Saubermacher. AUSBLICK Mittelfristig ist mit weiter sinkenden Kaufpreisen für Batteriesysteme zu rechnen. Alleine schon eine weitgehende Standardisierung der Komponenten würde die Planungskosten erheblich reduzieren und eine günstigere Beschaffung über große Händler ermöglichen. Corina Schwarz von dachgold.at erwartet eine steigende Nachfrage nach Speichern durch Energiegemeinschaften, die nun möglich werden. Die Industrie hat bereits mit dem Aufbau von Microgrids begonnen (www.nefi.at/indugrid).

Die Verbund AG und mehrere österreichische Netzbetreiber haben größere Speichersysteme zu Testzwecken in Betrieb genommen. Technisch wurden alle Erwartungen erfüllt: Spannung, Frequenz und Blindstrom können mit Akkus sehr gut geregelt werden. Auch für den Aufbau eines Netzes nach einem Blackout eignen sie sich bestens. Sie werden daher zukünftig eine gewisse Rolle im Stromnetz spielen, ist sich die Stromwirtschaft einig. Carolina Burger von der Austrian Power Grid AG gibt jedoch zu bedenken:

Eine modellhafte Anlage aus einem Tourismusbetrieb: Fronius SYMO Hybridwechselrichter 5.0-3-S (links), Fronius Netzumschaltbox 3-polig mit Smartmeter (Mitte) und 19 kWh BYD HVM Batteriespeicher in 7 Modulen (rechts). Foto: www.coachingandconsulting.at

„In Relation zu großen Pumpspeicherkraftwerken ist das Energiespeichervolumen von Batteriespeichersystemen äußerst gering. Ihre große Stärke liegt in ihrer schnellen Reaktionsfähigkeit, weshalb sie sich vor allem zur Unterstützung beim Ausgleich von hochdynamischen Vorgängen bzw. Schwankungen im Stromnetz eignen.“ Verteilnetzbetreiber hoffen, mit Speicheranlagen einen kostspieligen Netzausbau vermeiden zu können. Möglich wird das aber nur mit „entsprechenden Rahmenbedingungen“ sein, heißt es unisono vonseiten mehrerer Netzbetreiber in den Bundesländern. Auf absehbare Zeit wird ein rein netzdienlicher Speicherbetrieb ohne Förderungen klar unwirtschaftlich sein.

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