Zeitschrift EE

nt 02 | 2021 Großwärmespeicher

Innovative Baukonstruktionen für riesige Wärmespeicher

Für den Bau riesiger Wärmespeicher für Erneuerbare Fernwärme im urbanen Kontext bei limitiertem Platzbedarf und bei schwieriger Geologie (Umgebung mit Grundwasser) sind mehrere Herausforderungen zu überwinden. Die Effizienz muss durch die Reduktion der Wärmeverluste bei Temperaturen bis maximal 95 °C sowie durch verbesserte thermische Schichtung erhöht werden. Gleichzeitig soll eine längere technische Nutzungsdauer sowie eine Reduktion der Kapitalkosten erreicht werden.

Ein Team bestehend aus Forschern und Entwicklern der Universität Innsbruck sowie der Firmen PORR und ste.p haben innerhalb des Projekts gigaTES unter Leitung von AEE INTEC alternative Konzepte und Bauweisen für große Wärmespeicher erstellt. Es wurden sowohl in Bezug auf die Bauweise im Spezialtiefbau, auf die Komponenten (wie Bohrpfahldämmwand, befahrbare schwimmende Abdeckung) als auch auf Materialebene (Kunststoffdichtungsbahn für den Einsatz bei hohen Temperaturen, Wärmedämmung) Entwicklungen vorangetrieben. Ein Schwerpunkt lag auf der kostengünstigen Installation von Wärmedämmung zur Reduktion der Wärmeverluste und zum Schutz der Übererwärmung des Grundwassers.

Schlitzwandschacht / Schlitzwandbagger (PORR Spezialtiefbau) Fotos: euroluftbild.de/Hans Blossey, Porr Bau GmbH

Innovative Bauweise für riesige Wärmespeicher

Eine mögliche Variante eines gigaTES Wärmespeichers mit Schlitzwand, Edelstahlabdichtung, einer außenliegenden Dämmbohrpfahlwand und einer schwimmenden Abdeckung ist im Schema dargestellt. Eine Aufschüttung des ausgehobenen Erdreichs zu einem Damm erhöht das Volumen beziehungsweise verbessert das Höhe-zu-Durchmesser-Verhältnis (geringere Oberfläche und Bautiefe bei gleichem Volumen) und reduziert die Kosten. Mit Schlitzwänden lassen sich Tiefen von etwa 50 m erzielen. Bis etwa 50 bis 65 m Durchmesser kann die Schlitzwand als Druckring ausgeführt werden. Das Titelbild zeigt einen Schlitzwandbagger sowie einen Schlitzwandschacht, so wie er für die Herstellung von unterirdischen zylindrischen Wärmespeichern verwendet werden könnte. Bei größeren Durchmessern sind Anker notwendig, um die Schlitzwand gegen den Erddruck zu halten. Um Bauen im Untergrund mit Grundwasser zu ermöglichen, wird eine Dichtwand vorgesehen. Diese verhindert zum einen das Auffeuchten der außenliegenden Dämmung und zum anderen eine Übererwärmung des Grundwassers.

Schema eines gigaTES Wärmespeichers mit Schlitzwand, Edelstahlabdichtung, außenliegender Dämmbohrpfahlwand und schwimmender Abdeckung, sowie Dichtwand. Quelle: ste.p ZT

Anforderung an riesige Wärmespeicher

Die Speicherung von Wasser bei hohen Temperaturen (<100 °C) über längere Zeiträume kann zu erheblichen Wärmeverlusten an die Umgebung und zu einem unerwünschten Anstieg der Grundwassertemperatur führen. Entsprechend ist eine spezielle Wärmedämmung der Seitenwände erforderlich, was jedoch mit hohen Investitionskosten verbunden ist, da die Installation der Wärmedämmung einen hohen Anteil der gesamten Kosten ausmacht.

Ein neuer Ansatz, die sogenannte Dämmbohrpfahlwand, basiert auf der Verwendung von überlappenden Bohrpfählen und berücksichtigt die Verwendung von mit Schaumglasschotter (SGS) gefüllten Bohrpfählen als Wärmedämmung. Die Vorteile dieser Lösung beruhen auf geringeren Installationskosten und günstigen thermischen Eigenschaften des Materials. SGS ist aufgrund seiner geringen Wärmeleitfähigkeit, Druckbeständigkeit und kapillarbrechenden Eigenschaften sowie der relativ geringen Kosten ein häufig verwendetes Dämmmaterial in unterirdischen Konstruktionen oder erdreichberührten Bauteilen. SGS kann mit einer losen, verdichteten oder gebundenen Konfiguration verwendet werden. Das lose Material hat Vorteile in Bezug auf die thermischen Eigenschaften und Kosten. Die verdichtete beziehungsweise gebundene Schüttung weist jedoch verbesserte strukturelle Eigenschaften auf. Ein Ansatz besteht darin, gebundene und lose Pfähle zu wechseln, wobei die gebundenen Pfähle die Primärpfähle darstellen und diese überbohrt werden, wodurch die lose gefüllten Sekundärpfähle erzeugt werden. Eine Alternative besteht darin, unterschiedliche Verdichtungsgrade in den Primär- und Sekundärpfählen zu verwenden. Jedenfalls muss die Konvektion in der Dämmung unterbunden werden, entweder durch ausreichende Verdichtung oder durch den Einsatz von Konvektionsbremsen.

Kosten von Wärmespeichern und zukünftige Entwicklung

Die spezifischen Kosten sinken natürlich aufgrund des besseren Oberflächen/Volumenverhältnisses mit der Baugröße. Die Kosten eines 100.000 m³ gigaTES Wärmespeichers liegen derzeit mit etwa 100 bis 120 €/m³ noch deutlich über denen von Erdbeckenspeichern dänischer Bauart. Diese können bei einem 2 Millionen m³ Speicher auf etwa 45 bis 60 €/m³ reduziert werden, liegen aber immer noch über denen von Erdbecken-Wärmespeichern. Wird jedoch die verbesserte thermische und exergetische Effizienz und die längere technische Nutzungsdauer von gigaTES Wärmespeichern berücksichtigt, liegen die Kapitalkosten in einem wettbewerbsfähigen Bereich. In Zusammenarbeit mit dem österreichischen Bauunternehmen PORR verbessert die Universität Innsbruck und das gigaTES Team weiterhin Baumaterialien, -methoden und -designs, um die Kosten weiter zu senken. Das Forschungsteam betont jedoch auch, dass solche großen Infrastrukturprojekte nur dann realisierbar sein werden, wenn sie von stabilen politischen Rahmenbedingungen unterstützt werden.

Simulation eines gigaTES Wärmespeichers in Grundwasser mit Dichtwand mit Comsol Multiphysics (Universität Innsbruck) – Temperatur in °C (a) ohne Wärmedämmung (b) mit Wärmedämmung. Quelle: Universität Innsbruck

AutorInnen

Dr.-Ing. Fabian Ochs ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Arbeitsbereich Energieeffizientes Bauen, Universität Innsbruck. Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Abdulrahman Dahash, M.Sc. ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Arbeitsbereich Energieeffizientes Bauen, Universität Innsbruck. Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Alice Tosatto, M.Sc. ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Arbeitsbereich Energieeffizientes Bauen, Universität Innsbruck. Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Dipl.-Ing. Christoph Muser ist Geschäftsführer des Bauingenieurbüros ste.p ZT GmbH. Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Ing. Felix Kutscha-Lissberg ist Mitarbeiter der Spezialtiefbau PORR Bau GmbH. Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Dipl.-Ing. Dr. Peter Kremnitzer ist Abteilungsleiter für Technologiemanagement und Innovation der PORR Bau GmbH. Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Dr. Wim van Helden leitet den Bereich „Technologieentwicklung“ bei AEE INTEC. Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Weiterführende Informationen

https://www.gigates.at/index.php/de/

Statement

"Großwärmespeicher werden einen wichtigen Beitrag zur effizienteren Nutzung alternativer Energiequellen liefern, weil sie die Energie unabhängig vom Gewinnungszeitraum verfügbar machen und somit Energieanlagen auf Basis fossiler Quellen als Spitzenlastausgleich ablösen können. PORR möchte vor allem auf Basis ihrer hervorragenden Kompetenz im Bereich Spezialtiefbau zur Umsetzung dieses Konzeptes beitragen und hat mit ihren Partnern bereits neue, patentierte Verfahren für wärmegedämmte Speicher entwickelt."

Josef-Dieter Deix, Geschäftsführer der PORR Bau GmbH (Foto: PORR)

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