Zeitschrift EE

nt 02 | 2021 Großwärmespeicher

Reformbedarf in der Effizienzpolitik – Wünsche an das neue Energieeffizienzgesetz

Energieeffizienz gilt seit Jahr und Tag als Schlüssel zur Energiewende. Deshalb hat die EU bereits drei Energieeffizienzrichtlinien erlassen - 2006, 2012 und 2018. Jetzt steht eine neuerliche Revision an. Österreich hat unter dem Druck der Union 2014 ein Energieeffizienzgesetz (EEffG) erlassen. Dieses nimmt die Energielieferanten bei der Suche nach Verbrauchseinsparungen in die Pflicht. Vor 2021 hätte ein neues Gesetz in Kraft treten müssen, da die Lieferanten- und die Auditverpflichtung mit dem Jahr 2020 ausliefen. Es liegt aber noch nicht einmal ein Begutachtungsentwurf vor (Stand 1.4.2021).

Foto: EAK/Schedl

Es hat sich gezeigt, dass die Verpflichtung der Energielieferanten, Einsparmaßnahmen zu setzen oder aufzukaufen, außer Aufwand nicht viel gebracht hat. Eine Tankstelle hat keinen Einfluss darauf, wieviel Sprit ein Autofahrer verbraucht, ob er sparsam fährt, ob er sinnvolle Strecken zurücklegt, sie hat auch keinen Einfluss darauf, ob sich ein Autofahrer ein verbrauchsarmes Auto zulegt. Bei einer Tankstelle ist auch das Potenzial für Einsparungen im eigenen Betrieb rasch erschöpft. Sie musste aber Maßnahmen an die Monitoringstelle melden, um hohe Pönalen („Ausgleichzahlungen“) zu vermeiden.

Das lief darauf hinaus, dass die Tankstelle auf „Handelsplattformen“ Maßnahmen Dritter einkaufen musste, soweit sie nicht mit dem „Effizienzdiesel“ (Additive zum Diesel für Energielieferanten im Verkehrsbereich) das Auslangen fand. Ähnlich konnte sich ein Energiehändler mit Maßnahmen wie Fenstertausch, Lampentausch oder Wärmepumpeninstallation eindecken. Allerdings musste ein Maßnahmenkäufer darauf achten, dass er keine Maßnahmen kaufte, die der Staat fördert, die dem Stand der Technik entsprechen oder die mehrmals den Besitzer gewechselt haben. Denn solche Maßnahmen sind nicht anrechenbar.

Der entzauberte Maßnahmenhandel

Nun fördert aber der Staat die Gebäudesanierung und den Einsatz nachhaltiger Heiztechnologien. Sind Lampen am Ende ihrer Tage angelangt, werden sie gegen die dem aktuellen Stand der Technik entsprechende Beleuchtungen ausgetauscht – mit EEffG genauso wie ohne. Wo ist ein vernünftiger Spielraum Maßnahmen anzustoßen, die sonst nicht gesetzt würden?

Diese Liste könnte man fortsetzen: Die Anschaffung von E-Autos könnte eine Effizienzmaßnahme sein, geht aber nicht, wenn sie gefördert wird, für die Eigenversorgung eines Betriebs mit Sonnenstrom gilt das Gleiche. Beides wird gefördert, daher ist auch hier kein Platz für den Maßnahmenhandel.

Unterscheiden wir Effizienzmaßnahmen in solche mit sehr kurzer, mittlerer und langer Amortisation, wo schlägt das EEffG zu? Bedarf wäre wohl bei der zweiten und dritten Gruppe von Maßnahmen gegeben. Bei den Maßnahmen mit mittlerer Amortisationsdauer gibt es meist Förderungen, die ungleich attraktiver sind als der rechtsunsichere Maßnahmenhandel. Bei den Maßnahmen mit langer Amortisationsdauer ist die Anreizwirkung des Maßnahmenhandel viel zu klein. Ob sich eine Maßnahme in 22 oder 23,5 Jahren amortisiert, macht wenig Unterschied.

Bleiben die Maßnahmen mit sehr raschem Return of Investment, etwa Sanierung eines Druckluftsystems, Vermeidung von Leerläufen, bedarfsgerechte Dimensionierung von Energiebereitstellungen, Beleuchtung der Arbeitsplätze statt der gesamten Halle. Diese Maßnahmen sind nicht förderbar, weil sie so wirt schaftlich sind. Eine zusätzliche Belohnung durch den Erlös aus dem Maßnahmenverkauf an einen Energielieferanten ist daher fehl am Platz. Solche Fälle habe ich bei unseren Energiemanagementlehrgängen (EUREM) sehr oft gesehen.

Handlungsbedarf gibt es genug

Welche Lehren lassen sich ziehen? Der Staat hat seine Förderinstrumente 2020/21 noch weiter ausgerollt, die Förderprogramme besser dotiert. Einen vernünftigen Spielraum für Maßnahmenhandel gibt es weniger denn je. Wenn der Staat für Energieeffizienz etwas tun will, gibt es viele Möglichkeiten. Er kann Gebäudesanierungen langfristig planbar fördern, Abwärmeeinspeisungen incentivieren und die Güterbeförderung auf der Schiene durch Ausbau der Kapazitäten und Zugehen auf den Kunden attraktivieren. Das sind drei große Brocken, wo viel zu holen ist. Eine Lieferantenverpflichtung trägt dazu nichts bei.

Was wäre dann noch der Beitrag der Industrie? Am Energieaudit in Großbetrieben führt ohnedies kein Weg vorbei. Es bringt alle vier Jahre Maßnahmenvor schläge hervor. Die Betriebe setzen sie um, wenn die Maßnahmen wirtschaftlich sind und die finanziellen Mittel zur Verfügung stehen. Gibt es Förderungen, werden Maßnahmen, die an der Wirtschaftlichkeitsgrenze sind, eher umgesetzt. Der Maßnahmenhandel bewirkt auch hier nichts.

Schön wäre es, wenn der Gesetzgeber einen Weg fände, um die Audits nicht alle vier Jahre gleichzeitig stattfinden zu lassen. (Wer hat sich das ausgedacht?) Das erzeugt nur Stress, vermindert die Qualität und erhöht die Kosten.

Rechtsstaat = Rechtsschutz

Ein letzter Wunsch an den Gesetzgeber betrifft den Rechtschutz. Gibt es eine für Compliance zuständige Einrichtung, sollten deren Entscheidungen einer Rechtskontrolle zugeführt werden können. Auch wenn die Überwachungseinrichtung Monitoringstelle heißt. Das ist in einem Rechtsstaat eine Selbstverständlichkeit. Die Defizite des bisherigen EEffG sollten bereinigt werden.

Autor

Univ.-Doz. Dr. Mag. Stephan Schwarzer ist Leiter der Abteilung für Umwelt- und Energiepolitik an der Wirtschaftskammer Österreich. Weiters betreut er als Universitätsdozent an der Wirtschaftsuniversität Wien und im Lehrgang Umweltmanagement Austria die Spezialgebiete Umwelt- und Energierecht. Seit 2004 organisiert er für die WKÖ Energiemanagertrainings (EUREM-Lehrgang), die bisher rund 800 Absolventen hervorgebracht haben.

Weiterführende Informationen

https://www.bmk.gv.at/themen/energie/effizienz/recht/effizienzgesetz.html

https://www.wko.at/service/umwelt-energie/Effizienter_Energieeinsatz_im_Unternehmen.html

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