Zeitschrift EE

erneuerbare energie: 1.2021

Österreichs Forstwirtschaft als Energielieferant

Eine Studie der TU Wien zeigt: Die Landund Forstwirtschaft könnte sich selbst mit Energie versorgen, wenn man forstwirtschaftliche Reststoffe in Biodiesel und Biogas umwandelt.

Die Land- und Forstwirtschaft benötigt große Mengen an Energie: Der Verbrauch von fossilem Diesel und Erdgas in diesem Sektor ist für etwa 1,1 Prozent der gesamten österreichischen Treibhausgas-Emissionen verantwortlich. Gleichzeitig fallen aber in der Forstwirtschaft auch große Mengen an Schadholz und biogenen Reststoffen an, die zwar für eine stoffliche Verwertung ungeeignet sind, aus denen aber erneuerbare Energieträger, wie Biodiesel oder Biogas, hergestellt werden können. An der TU Wien forscht man seit Jahren an Methoden, biogene Roh- und Reststoffe auf umweltfreundliche Weise zu nutzen. Jetzt wurde eine Machbarkeitsstudie zu dem Thema erstellt.

Abbildung: Diesel und Gas aus Schadholz könnten zukünftig Treibstoffe für die heimische Landwirtschaft sein. Foto: Der Waldbauer

Das Konzept, das die TU Wien der Studie zugrunde legt, besteht aus mehreren Schritten: aus biogenen Rohstoffen – etwa aus Holz, das durch Borkenkäfer geschä- digt wurde – soll zunächst ein Synthesegas erzeugt werden. Dieses Gas wird dann in einem zweiten Schritt gereinigt, danach kann es entweder zur Herstellung von Holzdiesel verwendet oder in Holzgas umgewandelt werden. Der Holzdiesel ließe sich wie konventioneller Diesel in landwirtschaftlichen Maschinen verwenden, das Gas ließe sich wie herkömmliches Erdgas nutzen und kann in das bestehende Erdgasnetz eingespeist werden.

„Das Ziel ist eine Kreislaufwirtschaft“, erklärt Prof. Hermann Hofbauer, Leiter der Forschungsgruppe „Zukunftsfähige Energietechnik“. „Land- und forstwirtschaftliche Maschinen sollen mit Holzdiesel betrieben werden, das Holzgas soll für Raumheizungen und die Warmwasserbereitstellung eingesetzt oder ins Erdgasnetz eingespeist werden.“

Die einzelnen technischen Schritte wurden an der TU Wien bereits ausführlich erprobt: „Die Energieeffizienz der Holzgasproduktion beträgt bis zu 85 Prozent“, sagt Alexander Bartik, der maß- geblich an der Studie auf dem Gebiet der Holzgasproduktion mitarbeitete. „65 Prozent der Energie wird im Holzgas gespeichert, zusätzlich gewinnen wir 20 Prozent durch Wärmeauskopplung.“ Auch bei der Herstellung von Holzdiesel ist der Wirkungsgrad hoch: „Man kann 50 Prozent bei Holzdiesel plus 20 Prozent durch Wärmeauskopplung erzielen“, erklärt Anna Mauerhofer, Expertin auf dem Gebiet der Holzdieselproduktion.

Die verfügbaren Mengen an anfallenden Reststoffen würden problemlos ausreichen, um die Land- und Forstwirtschaft mit Holzdiesel und Holzgas autonom zu versorgen. Ob dieses Ziel erreicht wird, hängt von finanziellen Faktoren ab: Um den Energiebedarf der Land- und Forstwirtschaft bis 2035 aus Reststoffen zu decken, müsste man eine Holzgasanlage und neun Holzdieselanlagen mit jeweils 100 MW installieren. „Dafür wäre ein jährliches Investitionsaufkommen von knapp € 200 Millionen über 10 Jahre nötig“, sagt Martin Hammerschmid, verantwortlich für die ökonomische Bewertung der Technologie innerhalb der Studie.

Die Wirtschaftlichkeit der Technologie hängt von der CO2-Bepreisung der fossilen Energieträger ab: Biodiesel aus Holz wäre (je nach Qualitätsklasse des Holzes) ab einem CO2-Preis von ca. 60 bis 170 Euro/toCO2 wirtschaftlich, Biogas aus Holz bei 25 bis 120 Euro/toCO2. Nachdem bestehende Land- und Forstwirtschaftliche Geräte, die derzeit Diesel oder Gas nutzen, wie gewohnt mit den neuen Energieträgern weiterverwendet werden könnten, wäre die Produktion von Holzgas und Holzdiesel die kostengünstigste Methode, die Land- und Forstwirtschaft von der Erdölindustrie unabhängig zu machen. Für das Klima wäre das ein wichtiger Schritt nach vorne – aber das wäre nicht der einzige wichtige Vorteil: mit der CO2-Einsparung würden auch wesentliche Reduktionen anderer schädlicher Emissionen einhergehen. So würden etwa die Partikelemissionen im Vergleich zu fossilem Diesel um 80 Prozent reduziert werden.

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