Zeitschrift EE

erneuerbare energie: 2.2020

„Digitaler Zwilling“ soll die Regelung von Gebäudetechnik erleichtern

Im Mai vergangenen Jahres wurde mit „Arrowhead Tools“ das größte Projekt zur Digitalisierung der europäischen Industrie gestartet. AEE INTEC verantwortet – als einer von 81 Partnern in dieser europäischen Initiative– den Teilbereich für die Regelung und die Haustechnik-Steuerung mit einem „digitalen Zwilling“ in komplexen industriellen Systemen.

Im September 2020 ist das neue Forschungsge bäude am Infineon-Standort Villach fertig gestellt worden. Das Gebäude bietet auf insgesamt 21.000 m² und sechs Geschoßen Platz für rund 600 Arbeitsplätze für Forschung und Entwicklung sowie rund 3.800 m2 modernste Labor- und Messtechnikflächen und eine hochmoderne Kantine und Großküche. Durch hohe technische Gebäudestandards mit flächendeckender Lüftungsanlage, Kühldecken und selektiver Außenbeschattung hat das Gebäude den Energieverbrauch eines Niedrigenergiehauses. Die Versorgungsenergie wird durch Wärmerückgewinnung aus der Kühlenergie für die Fabrik und aus einer hocheffizienten Kältezentrale bereitgestellt. Bei der Planung wurde großer Wert auf das Innovationsklima im Haus gelegt: 70 Besprechungsräume aller Größen und Begegnungszonen schaffen vielfältige Möglichkeiten für den Innovationsaustausch. Mindestens genauso spannend ist die innovative Ausrichtung der Haus- und Regelungstechnik, um den Bürokomplex mit optimalem Raumklima bei höchster Energieeffizienz zu versorgen.

Forschungsgebäude am Infineon-Standort Villach. Foto: Infineon Austria

Gesamtansicht Standort Villach mit neuem R&D Gebäude. Foto: Infineon Austria

Dazu wird das neue Forschungszentrum von einem „digitalen Zwilling“ begleitet, der alle wichtigen Regelgrößen der Haustechnik in einer Gebäudesimulation abbildet. Damit soll es möglich sein, mit der gleichen Anzahl an Sensoren im Gebäude mehr Informationen über den Gebäudestatus zu bekommen und damit die Regelqualität zu verbessern.

Digitaler Zwilling des Forschungsgebäudes. Foto: Projekt Arrowhead Tools

Im Rahmen von „Arrowhead Tools“ wird der digitale Zwilling nicht nur entwickelt, sondern in Echtzeit mit den Messdaten aus dem Gebäude gekoppelt. So werden nun Realität und Simulation stetig miteinander abgeglichen. Dafür sind die Laborräume, Großraumbüros und Besprechungsräume des Bürogebäudes mit spezieller Sensorik ausgestattet. „Der Abgleich ist vor allem am Anfang wichtig. Für zukünftige Umsetzungen ist es das Ziel, durch den digitalen Zwilling mehr Informationen über das Gebäude zur Verfügung zu haben, um die Regelung der Haustechnik zu optimieren“, sagt Dagmar Jähnig, Projektleiterin bei AEE INTEC. Hilfreich ist das vor allem bei Werten, die man wegen des hohen Aufwandes so gut wie nie misst, wie die operative Raumtemperatur. Ähnlich wie die gefühlte Temperatur beim Wetterbericht gibt sie das tatsächliche Temperaturempfinden der Nutzerinnen und Nutzer besser wieder als die reine Lufttemperatur. Maßgeblich ist dafür zum Beispiel die Oberflächentemperatur der Wände im Raum. Doch der digitale Zwilling liefert nicht nur mehr und aussagekräftigere Daten, sondern erlaubt es auch, diese im Voraus zu kalkulieren und so zum Beispiel schneller auf Wetter- oder Nutzungsänderungen zu reagieren.

Im Rahmen von „Arrowhead Tools“ wurden insgesamt 21 Anwendungen identifiziert, für die neuartige, digitale Technologien entwickelt werden sollen. Die Bandbreite der teilnehmenden Betriebe reicht von der Medizin- oder der Automobilindustrie bis zu Gebäudemanagement und Aus- und Fortbildung. Die 81 Kooperationspartner kommen aus 17 europäischen Ländern.

Christian Fink, Geschäftsführer von AEE INTEC, sieht den digitalen Zwilling als eine konsequente Weiterentwicklung im Zuge der Digitalisierung der Bau- und TGA-Branche und als eine Art nächsten Schritt im „Building Information Modeling“ (BIM). „Beim ,Building Information Modeling‘ wurde zunächst die Planung weitgehend digitalisiert, um effizienter im Prozess zu sein und Fehler in den Abläufen zu minimieren. Im nächsten Schritt begleitet der digitale Zwilling das reale Gebäude über seine gesamte Lebensdauer hinweg. Funktioniert die Kopplung mit dem digitalen Abbild wie geplant, kann der Energieverbrauch sowie der Komfort für Nutzerinnen und Nutzer in automatisierter Form optimiert werden“.

Kick-Off Meeting in Göteborg, Mai 2019: Dagmar Jähnig (AEE INTEC) und Daniel Donesch (Infineon) Foto: AEE INTEC Foto

Neben AEE INTEC und Infineon Austria zählt bei der Entwicklung des digitalen Zwillings auch EQUA Solutions (Schweden/Schweiz) – die Gebäudesoftware-Schmiede, aus deren Haus zum Beispiel auch das Simulationsprogramm IDA ICE stammt – zu den Kernpartnern.

Kontakt für Rückfragen:

DAGMAR JÄHNIG AEE – Institut für Nachhaltige Technologien Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

CHRISTIAN FINK AEE – Institut für Nachhaltige Technologien Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

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