Zeitschrift EE

Saisonale Speicher für Wärmenetze

Das Dilemma ist bekannt: die Energie der Sonne würde man vor allem dann brauchen, wenn sie nicht scheint. Im Projekt Store4grid untersuchte AEE-NOW mit Technologie- und Forschungspartnern wie große thermische Speicher in Wärmenetzen in Österreich modellhaft eingesetzt werden könnten.

Im Ein- und auch teilweise im Mehrfamilienhausbereich werden zunehmend mehr Solarhäuser, deren solare Deckung bei mehr als 70 Prozent liegt, umgesetzt. Fernwärmenetze mit hoher solarer Deckung sucht man jedoch in Österreich noch vergeblich. Das liegt vor allem daran, dass bei Großwärmespeichern die Wirtschaftlichkeit derzeit noch nicht gegeben ist. Internationale Erfahrungen zeigen, dass dabei sehr hohe spezifische Speicherkosten entstehen.

Das Musterland der großen Langzeitwärmespeicher liegt im Norden Europas. Dänemark gilt beim kommerziellen Einsatz großer Solaranlagen weltweit als beispielgebend. In Marstal im Süden Dänemarks steht seit 1996 eine solare Großanlage, die 2003 um einen Erdbeckenspeicher mit 10.000 Kubikmeter Fassungsvolumen ergänzt wurde und heute mit rund 33.000 Quadratmetern thermischer Solarkollektoren und einem weiteren Speicher mit 75.000 Kubikmeter Fassungsvermögen Energie in das Fernwärmenetz der Stadt einspeist.

Von den langjährigen Erfahrungen in Marstal profitieren Fernwärmeversorger im ganzen Land und entwickeln Großanlagen, mit denen zukünftig solare Deckungsgrade von 45 bis 55 Prozent erwartet werden.

Die Solarwärmeanlage in Vojens, Dänemark mit 70.000 Quadratmeter Kollektorfläche und 200.000 Kubikmeter saisonalem Speicher. Die Anlage wurde 2013 installiert und in Betrieb genommen. Foto: Arcon Sunmark

In Österreich gibt es keine praktischen Erfahrungen mit Anlagen, die über mehrere Wochen bis Monate Wärme speichern und bei Bedarf wieder abgeben. Dabei könnten große oder auch saisonale Erdbecken-Wärmespeicher dazu beitragen, Erzeugungsüberkapazitäten von Solaranlagen, Betrieben, Heizkesseln, Kraftwerken oder anderen fluktuierenden Energieerzeugern besser zu nutzen.

Im Projekt Store4grid hat ein Autorenteam unter Leitung der AEE Niederösterreich-Wien (AEE-NOW) untersucht, unter welchen Voraussetzungen langfristig eine kostenoptimierte und ressourceneffiziente Implementierung von großen thermischen Speichern in Wärmenetzen möglich wäre.

Als Schlüsselfaktor für den wirtschaftlichen Betrieb eines solar unterstützten Nah- oder Fernwärmesystems hat sich dabei die auf die Anwendung und den Standort optimierte Bauweise des (unterirdischen) Wärmespeichers herauskristallisiert.

Bauformen von Behälterspeichern (B) und Erdbecken-Wärmespeichern (E). Grafik: Bauformen von Behältern und Erdbecken

Während Pufferspeicher für Fernwärmenetze meist als freistehende Stahloder Stahlbetontanks ausgeführt und problemlos gedämmt werden können, ist das bei Erdbeckenspeichern nicht mehr so trivial. Unterirdische Wärmespeicher können mit oder ohne Wärmedämmung ausgeführt werden. Ohne Dämmung sind die Speicherverluste entsprechend groß, und bei Ausführungen mit Dämmung besteht das Risiko, dass eindringende Feuchte – beim Bau oder während des Betriebs – nicht mehr entweichen kann.

Mit einem neuen, im Rahmen des Projekts entwickelten Simulationsmodell für unterirdische Wärmespeicher können sowohl Wärmespeicher verschiedener Bauart verglichen, als auch Wärmespeicher bezüglich ihrer Bauart (Erdbecken oder Tank) und bezüglich ihrer Ausführung mit oder ohne Wärmedämmung für eine spezielle Anwendung optimiert werden. So kann damit zum Beispiel untersucht werden, unter welchen Bedingungen und für welche Speichergrößen die Wärmedämmung gegen das Erdreich wirtschaftlich ist.

Mit der Simulation kann zusätzlich noch ermittelt werden, ob die Einbindung einer Wärmepumpe sinnvoll möglich ist und die Wirtschaftlichkeit der gesamten Anlage erhöht. Die Koppelung von Wärmepumpen mit großen Wärmespeichern wird von einigen Fachleuten als vielversprechendes Konzept gesehen, um das Gesamtsystem zu optimieren und die laufenden Kosten zu senken.

Ganz grundsätzlich lässt sich sagen: das Vorhandensein eines Speichers macht die effiziente und aufeinander abgestimmte Nutzung und die Kombination unterschiedlicher, erneuerbarer Energietechnologien möglich.

In Dänemark sind mittlerweile über 117 Solarwärmeanlagen mit mehr als 950 MW thermischer Leistung in Betrieb und speisen vor allem Fern- und Nah­wärmenetze. Sie zeigen, wie durch die großen Wärmespeicher die Nutzung erneuerbarer Energien und die StromWärme-­Sektorenkopplung auf lokaler Ebene intelligent kombiniert werden können. Großspeicher sind eine Voraussetzung für den optimierten Betrieb von KWK- oder Power-to-Heat-Anlagen.

Für die Verbreitung der solaren Großanlagen und der Großspeicher in dem skandinavischen Vorzeigeland sind mehrere Gründe verantwortlich: Die Betreibergesellschaften sind oft „VerbraucherInnengenossenschaften“, die nicht auf Profit ausgerichtet sind. Für die Investitionen gibt es günstige Finanzierungs- formen mit langen Rückzahlzeiten. Und – nicht unwesentlich – auf fossile Energieträger werden hohe Steuern eingehoben.

Im Store4grid-Projekt haben sich die Autoren auch mit den ökonomischen Aspekten der Großspeicher in unterschiedlichen Szenarien beschäftigt. Je nach Netzstruktur, Abnehmeranzahl und Gebäudetypen sind solare Deckungsgrade bis zu 98 Prozent möglich.

Was der Umwelt gut tut, schont aber noch nicht unbedingt das Börserl. Die Preise in einem Erzeugerverbund aus Solarthermie, Langzeitspeicher und Wärmepumpe liegen in allen betrachteten Szenarien über den Erzeugerpreisen von zum Beispiel einem mit Biomasse betriebenen Heizwerk. Im Sinne einer ökonomisch optimalen Umsetzung regen die Autoren an, ein Szenario zu untersuchen, bei dem Effizienzgewinne zu erzielen sind, indem Langzeitspeicher mit Solarthermie und einer Großwärmepumpe in bestehende Biomasse-Netzwerke integriert werden.

Freistehende Speicher, wie dieser Wärmespeicher der Linz AG, sind einfach zu dämmen. Foto: Linz AG

Dann würden auch noch ökonomische Argumente für den Einsatz der erneuerbaren Energie sprechen – neben der klima­schonenden Erzeugung und der Reduktion der Abhängigkeit von fossilen Energieträgern.

STORE4GRID PROJEKTPARTNER

  • AEE NÖ-Wien
  • AIT – Austrian Institute of Technology
  • TU Graz – Institut für Wärmetechnik
  • Universität Innsbruck – Institut für
  • Konstruktion und Materialwissenschaften
  • Pink Energie- & Speichertechnik

Die Zusammenfassung der Studie und der detaillierte Endbericht sind auf der Homepage www.aee-now.at/store4grid abrufbar.

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