Zeitschrift EE

 nt 03 | 2022 Speicheroption Bauteilmasse

Qualifizierungsnetzwerk Lebensmittelindustrie

Energieeffizienz und Dekarbonisierung sind in den österreichischen Lebensmittelbetrieben nicht erst seit dem Ukraine-Krieg und rasant steigenden Energiepreisen ein aktuelles Thema. Lösungen gibt es viele, aber wie kommen diese direkt zu den Verantwortlichen in der Industrie? Das Qualifizierungsnetzwerk Lebensmittelindustrie hat sich dieser Frage angenommen.

Produktionsraum Biomühle Hans Hofer. Foto: AEE INTEC

Ausgangslage

Energie aus erneuerbaren Energiequellen, Digitalisierung, Energierückgewinnung, Modernisierungsstrategien bestehender Anlagen, Energieverluste erkennen und sanieren. All das sind Schlagworte, welche im Bereich Energiemanagement eine wichtige Rolle spielen und helfen, Kosten einzusparen. Ein energieeffizienter Produktionsstandort wird in den kommenden Jahren wichtiger denn je. Denn die Energieversorgung und vor allem die zugehörigen Energiequellen und die damit verbundene Versorgungssicherheit rücken immer mehr in den Fokus der Öffentlichkeit. Aktuelle Entwicklungen und Diskussionen in den Medien, der Politik und der Gesellschaft in Verbindung mit unterschiedlichen NGOs zeigen die Aktualität des Klimawandels und die Abhängigkeit von nicht beeinflussbaren Faktoren. Von diesen Entwicklungen sind alle Produktionszweige betroffen. Maßnahmen zur Reduktion von fossilen Ressourcen, nicht nachhaltigen Energieträgern oder zur Energierückgewinnung aus thermischen Prozessen werden immer wichtiger. Das hilft den Unternehmen auch langfristig, Kosten einzusparen und die Produktionsanlagen zeitgemäß zu gestalten. Besonders die Kombination von Effizienzmaßnahmen digitaler Messdatendokumentation bietet Chancen im Bereich der Anlagensteuerung und der Datenanalyse. Dies ermöglicht eine besonders effiziente Beurteilung der jeweiligen Anlagen, abhängig von den spezifischen Bedingungen am Standort.

Grundlagen der Wärmeübertragung. Foto: Projekt Energy4Foods

Digitales Energiemanagement in der Lebensmittelbranche

Das Innovationscamp “Digitales Energiemanagement in der Lebensmittelbranche (Energy4Food)“ ist ein vom Ministerium für Arbeit und Wirtschaft gefördertes Projekt unter der Leitung der Fachhochschule Burgenland und wird operativ vom LebensmittelCluster Niederösterreich (ecoplus. Niederösterreichs Wirtschaftsagentur GmbH) unterstützt. Im Projekt wurde gemeinsam mit AEE INTEC ein für Lebensmittelbetriebe maßgeschneidertes Ausbildungsprogramm entwickelt und umgesetzt. Als Projektpartner waren die Bäckerei Albin Sorger „zum Weinrebenbä- cker“ GmbH, die Biomühle Hans Hofer GmbH, Die Käsemacher GmbH, die Rosenfellner Mühle & Naturkost GmbH, die Stöger GmbH und Gratzl Getränke GmbH nicht nur die Zielgruppe der Ausbildung, sondern auch an der Definition der Schulungsinhalte beteiligt.

Die Inhalte wurden in 5 Schwerpunkte gegliedert:

  • Block 1: Energietechnische Grundlagen und Audit-Methodik
  • Block 2: Technologien zur regenerativen Energieversorgung und Abwärmenutzung
  • Block 3: Energieeffizienzpotentiale mit Fokus Abwärmenutzung und Ökobilanzierung
  • Block 4: Digitalisierung in der Energietechnik
  • Block 5: Projektbewertung und Finanzierung

Ziel des Innovationscamps war die anwendbare Wissensvermittlung zur direkten Umsetzung in den Unternehmen. Vortragende der Fachhochschule Burgenland (Standort Pinkafeld) sowie von AEE INTEC (Jürgen Fluch, Wolfgang Gruber-Glatzl) erarbeiteten mit den Betrieben die Grundlagen anhand konkreter Beispiele und leiteten daraus konkrete Maßnahmen für die Unternehmen ab. Zwischen den Workshops setzten die Verantwortlichen praktische Aufgaben in ihren Betrieben um und präsentierten diese danach. So wurden zum Beispiel nach dem ersten Block Daten zur Energieversorgung, der Energieeffizienz und den Bedarfsprofilen der Prozesse erhoben. Mit diesem Wissen konnten im zweiten Block Informationen zu erneuerbaren Technologien direkt mit dem Status quo in den eigenen Betrieben verknüpft und mögliche Einsatzpotentiale abgeleitet werden. In Block 3 wurden die Grundlagen der Wärmerückgewinnung auch praktisch an einem Teststand im Technikum der FH Burgenland ausprobiert und gemeinsam diskutiert, welche Abwärmeströme sich für eine Nutzung eignen würden und welche technischen Rahmenbedingungen dafür erfüllt sein müssen. Methoden und Ansätze der Ökobilanzierung wurden dann konkret mit Maßnahmen der Energieeffizienz angewandt.

Wärmetauscherteststand. Foto: Projekt Energy4Foods

Wie schon angeführt, wird Digitalisierung als Schlüssel zur Nachvollziehbarkeit umgesetzter Maßnahmen gesehen. Aber welche Daten kann ich wie messen und was mache ich dann auch wirklich damit? In Block 4 wurden Messstrecken aufgebaut und Methoden der Datenanalyse vorgestellt und auch gleich angewandt. Im abschließenden Workshop stellten alle Unternehmen die identifizierten Optimierungsmaßnahmen vor. Um diese dann auch zu bewerten, wurden geeignete Tools für die energetische, ökologische und vor allem ökonomische Analyse und auch Möglichkeiten der Projektfinanzierung und mögliche Förderungen auf regionaler und nationaler Ebene aufgezeigt.

Ausblick

Die Idee des Innovationscamps mit der Einbindung von Unternehmen und praxisnaher Ausbildung hat sich bewährt. Jedes Unternehmen identifizierte konkrete Optimierungsmaßnahmen, die durchwegs bereits mit umsetzenden Firmen diskutiert wurden. Die Maßnahmen beginnen bei der Isolierung von Kesseln, gehen über die Nutzung von Abwärme über Wärmetauscher oder Wärmepumpen bis hin zur Integration von Photovoltaik, Solarthermie oder Wasserkraft und deren optimiertes Zusammenspiel mit schwankenden Energiemarktpreisen. Die Auswahl der Partner für das geförderte Projekt hat gezeigt, welch hohe Innovationskraft und Umsetzungsbereitschaft in der Lebensmittelbranche steckt. Es ist geplant, diese Ausbildung schon ab Herbst 2022 regelmäßig anzubieten und an die Bedürfnisse der Betriebe weiter anzupassen. Dann werden auch bereits die ersten Umsetzungen aus der Ausbildung gezeigt werden können.

Autor

Dipl.-Ing. Jürgen Fluch ist Leiter des Bereichs „Industrielle Systeme“ bei AEE INTEC. Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

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