Zeitschrift EE

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Vom Innovationslabor zum internationalen Markterfolg

Susanne Supper, Manuela Jochum, Tobias Schwab, Christian Kurz

Österreich startete mit den Vorzeigeregionen Energie die bisher größte nationale Innovationsinitiative für grüne Energie und setzt damit Maßstäbe für die Energiezukunft. Das Green Energy Lab ist die größte von insgesamt drei Vorzeigeregionen und erstreckt sich über die Bundesländer Wien, Niederösterreich, Burgenland und Steiermark. Ziel ist, bereits vorhandene Technologien zu bündeln und mit neuen Ideen zu innovativen Systemlösungen für die Energiezukunft weiterzuentwickeln. Ein Hauptanliegen dabei ist, die Zeitspanne von der Idee bis zum marktfähigen Produkt oder Dienstleistungsangebot zu beschleunigen. Green Energy Lab wird von den vier Energieunternehmen Energie Burgenland, Energie Steiermark, EVN und Wien Energie getragen; an den laufenden und geplanten Teilprojekten sind bereits heute über 100 weitere Partner aus Forschung, Wirtschaft und der öffentlichen Hand beteiligt.

Ein einzigartiger Testmarkt für die Energiezukunft

Bei der Nutzung erneuerbarer Energieträger nehmen hoch innovative Forschungseinrichtungen und Technologiepioniere aus der Region seit über 20 Jahren eine führende Rolle ein – sowohl im Bereich Wärme als auch im Bereich Strom. Um diese starke Rolle weiter auszubauen, müssen technologische Einzellösungen zu integrativen Systemlösungen weiterentwickelt werden: So kann ein flexibles, effizientes und langfristig vollständig auf erneuerbarer Energie beruhendes Energiesystem entstehen.

Green Energy Lab zeigt den Weg von technologischen Einzellösungen zu integrierten Systemlösungen für das Energiesystem von morgen auf. Quelle: Green Energy Lab

Um zu zeigen, wie das gehen kann, bietet die Vorzeigeregion Green Energy Lab ideale Bedingungen: Die Region weist bereits heute einen sehr hohen Anteil erneuerbarer Energieerzeugung auf, vor allem aus fluktuierenden Energiequellen wie Sonne und Wind. 64 % des Sonnenstroms und sogar 98 % des in Österreich erzeugten Windstroms stammen aus der Region. Hier findet man zudem sehr unterschiedliche demographische, infrastrukturelle und topographische Strukturen, aus denen sich vielfältige Testfälle in Bezug auf Erzeugungs- und Lastprofile sowie Nutzung von Flexibilitätspotenzialen ableiten lassen. Und schließlich bietet die Vorzeigeregion Green Energy Lab mit dem Zugang zu über fünf Millionen Menschen, die in dieser Region leben, einzigartige Möglichkeiten, um angreifbare Prototypen für die Energiezukunft auf ihre Markttauglichkeit zu testen.

Der Open Innovation-Prozess von Green Energy Lab gliedert sich in vier Phasen. Quelle: Green Energy Lab

Der Brutkasten für innovative Energielösungen

Das Herzstück von Green Energy Lab ist das Innovationslabor: Hier werden Ideen zu Projekten vorangetrieben und über ihre gesamte Umsetzung begleitet - von der Entwicklung des ersten Prototypen bis zum internationalen Markterfolg. Der Open InnovationProzess integriert unterschiedliche Denkansätze von Unternehmen, Forschungsinstituten, Start-ups, der öffentlichen Hand, Kundinnen und Kunden und ermöglicht den schnellen Zugang zu Wissen und Technologie; er gliedert sich in vier Phasen:

  • Explore: Zu Beginn werden Herausforderungen und Chancen für neue Technologien, Produkte und Dienstleistungen aufgezeigt. Das aus dem Trendscouting und der Beobachtung von Technologieentwicklungen generierte Wissen wird den Anwendern kompakt zur Verfügung gestellt.
  • Ideate und create: Mit einem Bündel an Innovationsmethoden werden neue Ideen generiert und Innovationsprojekte definiert. Green Energy Lab begleitet die Evolution von der ersten Idee hin zum umsetzungsorientierten Innovationsprojekt, bringt die passenden Akteure zusammen und stellt die Kundinnen und Kunden in den Mittelpunkt.
  • Demonstrate: In der dynamischen Green Energy Lab-Testregion Testregion mit dem Zugang zu über fünf Millionen Menschen können die neu entwickelten Lösungen auf ihre Markttauglichkeit getestet und einem breiten Publikum bekannt gemacht werden. Green Energy Lab begleitet bei der Umsetzung und hilft bei der Investorensuche.
  • Launch: Mit der kollektiven Erfahrung, Markt- und Finanzstärke seiner Partner unterstützt Green Energy Lab die Vermarktung von innovativen Produkten und Dienstleistungen. Erfolgreiche Lösungen erhalten auf diese Weise viel rascher Zugang zum lokalen Markt und profitieren von der Anbindung der beteiligten Partner an die Exportmärkte. Aus den Erfahrungen der Markteinführung in den unterschiedlichen Exportmärkten und Marktsegmenten werden wieder neue Impulse für Produktund Dienstleistungsentwicklungen abgeleitet.

Open Data-Plattform – Datenschnittstelle für die Energiezukunft

Alle in Green Energy Lab generierten Ergebnisse fließen in eine Open Data-Plattform für den Energiesektor ein, die einen einfachen Zugang zu relevanten Daten bietet und aus der sich wesentliche Erkenntnisse über Zusammenhänge im derzeitigen und zukünftigen Energiesystemen ableiten lassen. So werden beispielsweise disaggregierte Daten von Endnutzern – vor allem aus dem Bereich Haushalte und KMUs – verarbeitet, um verbrauchsintensive Anwendungen zu identifizieren und somit ein besseres Verständnis der Energiekosten zu ermöglichen. Zudem werden Verbrauchsmuster und Lastflüsse analysiert, um darauf aufbauend Prognosemodelle zu entwickeln, mit denen sich Flexibilitätspotenziale im Energiesystem leichter identifizieren lassen. Gleichzeitig legt das Projekt Open Data-Plattform einen Schwerpunkt auf die Entwicklung und Erprobung von Methoden, die die Akzeptanz innovativer Technologien – gerade im Bereich der Digitalisierung – erhöhen, um eine aktive Teilnahme von Endkundinnen und -kunden im Energiesystem zu erreichen und mögliche Akzeptanzschwierigkeiten von neuen Technologien, die einen Informationsaustausch und Datentransfer zwischen verschiedenen Akteuren erfordern, abzubauen. Die Erkenntnisse aus dem Projekt Open Data-Plattform werden zu maßgeschneiderten Empfehlungen für die verschiedenen Akteursgruppen der Energiewirtschaft verdichtet. 

Gemeinsam mit heute bereits 100 Partnern aus Forschung, Wirtschaft und der öffentlichen Hand werden interdisziplinäre, innovative Lösungen entwickelt und unter Einbindung von Endkundinnen und -kunden erprobt. Quelle: Green Energy Lab

Bis 2025: Projekte im Gesamtvolumen von 100 Millionen Euro.

Entsprechend dem Anspruch, ein integriertes, skalierbares Energiesystem der Zukunft zu entwickeln und vorzuzeigen, sind die Themenstellungen im Green Energy Lab vielschichtig: Es geht um Lösungen, die die erzeugte erneuerbare Energie besser und vor allem flexibler nutzbar machen – etwa durch den Aufbau integrierter Strom- und Wärmenetze, Lösungen für die Strom- und Wärmespeicherung und die dezentrale Energieerzeugung. So untersucht das Leitprojekt „Thermaflex“ (siehe den Artikel „Mehr Flexibilität und mehr Erneuerbare in der netzgebundenen Wärmeversorgung“ in dieser Ausgabe) beispielsweise unterschiedliche Flexibilitätsmaßnahmen in Fernwärmenetzen, um den Anteil erneuerbarer Energie zu steigern. Ein weiteres Projekt, „Spatial Energy Planning“ (siehe auch „Innovative Prozesse - Raumenergieplanung für die Wärmewende“ in dieser Ausgabe), erarbeitet Werkzeuge für eine räumlich optimierte Entwicklung der Wärmeversorgungsinfrastruktur unter Berücksichtigung von erneuerbaren Energiepotenzialen und technologischen Optionen. Das Projekt „Blockchain Grid“ entwickelt auf Basis von Blockchain-Technologie Möglichkeiten, um freie Netzressourcen zum Nutzen von Prosumern bestmöglich zu verteilen, anstatt Einspeisungen zu limitieren. In einem anderen Projekt werden gebrauchte Batterien von E-Fahrzeugen auf ihre Restlebenszeit und Nutzbarkeit in Energiespeicheranwendungen mittels eines neu entwickelten Systems untersucht (siehe dazu auch den Artikel „Gebrauchte Batterien zu neuem Leben erwecken“ in dieser Ausgabe). Darüber hinaus befinden sich weitere Projekte in Vorbereitung, um z. B. die innovative Nutzung von regional erzeugter Windenergie für Strom, Wärme und Mobilität zu demonstrieren.

Als größte nationale Innovationsinitiative für grüne Energie ist das Green Energy Lab offen für weitere Partner und deren Ideen – wir freuen uns auf Teilnahme in unserem Innovator Circle. Mit unseren OpenInnovation-Prozessen unterstützen wir die Entwicklung neuer Ideen für die Energiezukunft und setzen diese gemeinsam um.

Green Energy Lab-Team (von links): Christian Panzer (Wien Energie, Vorstand Green Energy Lab), Manuela Jochum (Green Energy Lab, Projektassistenz), Klaus Stricker (EVN, Vorstand Green Energy Lab), Raphaela Reinfeld-Spadt (Energie Burgenland, Vorständin Green Energy Lab), Susanne Supper (Green Energy Lab, Cluster Managerin), Christian Kurz (Green Energy Lab, R&D-Manager), Tobias Schwab (Green Energy Lab, Innovation Manager), Mathias Schaffer (Energie Steiermark, Vorstand Green Energy Lab) Foto: Stephanie Weinhappel

AutorInnen

Dipl.-Ing. Susanne Supper leitet als Cluster Managerin das Green Energy Lab-Büro und ist für die Gesamtkoordination der Vorzeigeregion sowie des Innovationslabors verantwortlich. Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Manuela Jochum, BA unterstützt als Junior Project Assistant das Green Energy Lab-Team mit Schwerpunkt Kommunikation.

Dipl-Ing. Dipl.-Ing. (FH) Tobias Schwab ist als Innovation Manager im Green Energy Lab- Team für die Umsetzung des Open Innovation-Prozesses verantwortlich und koordiniert den Green Energy Lab-Standort Graz.

Dr. Christian Kurz ist als R&D-Manger im Green Energy Lab-Team für die Koordination und Weiterentwicklung der Forschungstätigkeiten zuständig.

Weiterführende Informationen:

  • Green Energy Lab: www.greenenergylab.at
  • Vorzeigeregion Energie (Programmwebsite des Klima- und Energiefonds): www.vorzeigeregion-energie.at VORZEIGEREGION ENERGIE
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