Zeitschrift EE

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Bauteilintegrierte Kleinstwärmepumpen zur Warmwasserbereitung

Dagmar Jähnig, Christian Fink, Christoph Rohringer, Tobias Lingk, Fabian Ochs

Bei der Sanierung von Mehrfamilienhäusern kommt es nicht selten vor, dass zentrale Lösungen für die Haustechnik ausscheiden. Gründe hierfür können sein, dass bisher Einzelöfen oder Etagenheizungen installiert waren und eine nachträgliche Verlegung von Steigsträngen kostenintensiv oder gar nicht möglich ist. Als weiteres Problem kommen häufig verschiedene Interessen der Eigentümer oder Mieter hinzu. Aus diesem Grund sind dezentrale Lösungen von Interesse, die auch dann eingesetzt werden können, wenn die Wohnungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten saniert werden.

Integration von Speichereinheiten in eine vorgesetzte Holzleichtbaufassade im Geschoßwohnbau sowie Speichermodul zur Vorwandinstallation (Vaillant GmbH und Kulmer Holz-Leimbau GesmbH)

Im Projekt SaLüH! wurden Lösungen zur Warmwasserbereitung für Wohnungen, die in den Räumen selbst kaum Platz für Haustechnik zur Verfügung haben, erarbeitet. Hier sind Konzepte, die bei einer Sanierung in der Gebäudehülle untergebracht werden können, von Interesse. Kleinstwärmepumpen eignen sich für Sanierungen besonders, da sie nahezu beliebig skaliert werden können, keinen Öl- oder Gasanschluss und auch keinen Kamin benötigen. Wenn die erforderliche Anschlussleistung klein genug ist, kann auf einen Starkstromanschluss verzichtet werden. Als Wärmequelle für die Wärmepumpe kommen die Fortluft bzw. Abluft aus einer Lüftungsanlage oder Außenluft in Frage. Eine Koppelung ans Erdreich ist im Mehrfamilienhausbereich im städtischen Umfeld meist schwierig umzusetzen. Da die Abluft einer Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung kombiniert mit einer Kleinst-Luft-Luft-Wärmepumpe sinnvollerweise für die Raumheizung verwendet werden sollte (vgl. den Beitrag von Fabian Ochs in diesem Heft), lag der Fokus für die Warmwasserbereitung im Projekt Salüh! auf Außenluftwärmepumpen. Die Außenluft kann mit sehr kurzen Leitungslängen sogar direkt von einer in der Fassade befindlichen Wärmepumpe genutzt werden.

Dimensionierung der Warmwasserbereitung

Den größten Platzbedarf hat bei einer Warmwasserbereitung die Speichereinheit. In einem ersten Schritt wurden daher Simulationsrechnungen durchgeführt, um die benötigte Speichergröße und Wärmepumpenleistung (Wärmeabgabe) zu bestimmen. Als Zapfprofil wurde das Profil M aus der Prüfnorm für Trinkwarmwasserwärmepumpen (EN 16147) verwendet. Es beinhaltet zwei Duschvorgänge pro Tag und eine Reihe von kleineren Zapfungen für Händewaschen, Spülen, Putzen etc. mit insgesamt 5,845 kWh pro Tag. Dies entspricht in etwa dem Energiebedarf einer durchschnittlichen mitteleuropäischen Familie mit 2 Kindern.

Es wurden Simulationen mit verschiedenen Speichergrößen und Wärmepumpenleistungen durchgeführt. Für das verwendete Zapfprofil ergab sich eine notwendige Speichergröße von 90 l bei einer Temperatur von 55°C. Damit können Duschzapfungen von jeweils 1,3 kWh bewältigt werden, ohne dass die Speichertemperatur oben im Speicher wesentlich sinkt. Nach dem Duschen können auch noch kleine Zapfungen durchgeführt werden, während die Wärmepumpe den Speicher über mehrere Stunden wieder komplett belädt (siehe Abbildung). Das Profil in der Abbildung wurde mit einer konstanten Wärmepumpenleistung von 800 W simuliert, das entspricht einer Anschlussleistung von 320 W bei einem COP von 2,5. Bei einer Wärmepumpe variiert die Leistung mit der Quellentemperatur. Eine Wärmepumpe, die bei -2°C Außentemperatur und 55°C Speichertemperatur 800 W liefert, würde bei höheren Außentemperaturen den Speicher schneller erwärmen. Bei tieferen Temperaturen müsste ggf. ein E-Heizstab einspringen. Mit den genannten Anschlussleistungen ist ein Betrieb ohne Starkstromanschluss problemlos möglich.

Tagesprofil der Speichertemperaturen bei einem 90-l-Speicher und einer Wärmepumpenleistung von 800 W, Zapfprofil M nach EN 17147.

Integration in die Gebäudehülle

In kleinen Wohnungen von Mehrfamilienhäusern gibt es häufig keinen Platz für die Installation von Haustechnik bzw. ist der dafür benötigte Platz wertvoll. Entsprechend bietet die Möglichkeit die Trinkwarmwasser-Wärmepumpe zumindest teilweise in die Fassade zu integrieren einen Vorteil. Auch wird die Erschließung der Außenluft als Wärmequelle bei Fassadenintegration einfacher und günstiger.

Für die Integration in die Gebäudehülle stehen grundsätzlich zwei Möglichkeiten in unmittelbarer Nähe der Wohnung zur Verfügung: Der Speicher kann in eine Holzleichtbau-Vorhangfassade integriert werden. Dies kann unterhalb des Fensters geschehen, wie im Titelbild rechts dargestellt. Aber auch eine Integration an anderer Stelle der Vorhangfassade ist möglich, wobei hier dann auch genügend Platz zur Verfügung stehen würde, um die Wärmepumpe und sonstige Hydraulik in der Fassade unterzubringen. Nachteil einer Integration in einer Holzleichtbaufassade ist, dass die eine Seite des Speichers nach außen zeigt. Trotz Dämmung entstehen hier größere Wärmeverluste als bei Installation im geheizten Raum. Diese Verluste kommen außerdem im Winter nicht der Heizung zugute.

Die bessere Alternative ist darum, den Speicher unterhalb eines Fensters als Ersatz der Fensterbrüstung zu installieren. Bei einer Sanierung würde außen noch eine Dämmung auf die Fassade aufgebracht, was zu einer zusätzlichen Speicherdämmung führen würde. Bei Wandstärken über 25 cm kann auch innen noch zusätzlich gedämmt werden. Ein Nachteil bei dieser Variante ist, dass der Platz unter dem Fenster nicht bei allen Fenstergrößen ausreicht, um Speicher und Wärmepumpe unterzubringen.

Es gibt mehrere Möglichkeiten, die Wärmepumpe mit Außenluft zu versorgen. Eine Möglichkeit ist es, eine Außeneinheit mit Ventilator und Wärmetauscher in der Fassade zu integrieren. Bei Installation der Wärmepumpe in einer Vorhangfassade wäre sogar ein kombiniertes Kompaktgerät möglich. Bei Nutzung des Platzes unter der Fensterbrüstung wäre auch eine Kältemittel-Split-Wärmepumpe denkbar. Das heißt, Kältemittelleitungen könnten durch die Fassade von der Außeneinheit zur Wärmepumpe geführt werden (25 cm Leitungslänge). Nachteil dieser Option ist, dass dafür ein Kältetechniker auf der Baustelle notwendig ist. Als Alternative könnte eine Sole-Split-Wärmepumpe eingesetzt werden, die an eine Außeneinheit an der Fassade oder eine zentrale Außeneinheit für das gesamte Gebäude angeschlossen ist.

Vereinfachtes Hydraulikschema der Trinkwasserwärmepumpe mit kompaktem Wärmespeicher für die Sanierung. Quelle: AEE INTEC

Wandintegrierter Trinkwasserspeicher

Vom Projektpartner Vaillant GmbH wurde ein Speichermodul mit 90 l Wasserinhalt entwickelt und gebaut, der aufgrund seiner flachen Bauweise sowohl in die Fassade integriert als auch für die Vorwandinstallation verwendet werden kann (siehe Titelbild links). Das Modul hat eine Bautiefe inklusive Dämmung von 25 cm. Bei einer Höhe von 90 cm und einer Breite von 125 cm wird der Platz durch eine quaderförmige Bauweise optimal genutzt. Im Labor wurde eine Wärmeverlustrate von 1,3 W/K gemessen (zum Vergleich ErP-Klasse A. 0,8 W/K, B: 1,1 W/K, ErP- Klasse C: 1,5 W/K).

Für erste Laborversuche wurde außerdem eine Wärmepumpe gebaut, die mit einer Bautiefe von nur 20 cm ebenfalls in die Gebäudehülle integriert werden kann.

Zusammenfassung

Es wurde ein Trinkwarmwassersystem mit Kleinstaußenluftwärmepumpe entwickelt und erfolgreich im Labor getestet. Funktionsmuster mit flacher Bauform haben gezeigt, dass eine Integration in die Fassade technisch machbar ist, sodass mehr Wohnraum in den einzelnen Wohnungen zur Verfügung steht bzw. bei kleinen Wohnungen überhaupt eine wohnungsweise Sanierung von Mehrfamilienhäusern möglich wird. Als nächster Schritt ist geplant, ein solches System im Rahmen einer Demonstrationsanlage umzusetzen.

Das Projekt wurde vom BMVIT im Programm Stadt der Zukunft finanziert. Unser Dank gilt außerdem den weiteren Projektpartnern Kulmer Holz-Leimbau GesmbH, Pichler Luft, SIKO GmbH und Internorm

Weiterführende Informationen

http://www.aee-intec.at/salueh-sanierung-von-mfh-mit-kleinen-wohnungen-n-kostenguenstige-technische-loesungsansaetze-fuer-lueftung-heizung-und-warmwasser-p183

Autoren

Dipl.-Ing. Dagmar Jähnig ist wissenschaftliche Mitarbeiterin und Prokurist Ing. Christian Fink ist Leiter des Bereichs „Thermische Energietechnologien und hybride Systeme“ bei AEE INTEC. Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Christoph Rohringer ist wissenschaftlicher Mitarbeiter des Bereichs „Messtechnik“ bei AEE INTEC.

Dipl.-Ing. Tobias Lingk ist Innovation Engineer im Bereich „System Engineering“ bei der Vaillant GmbH.

Dr.-Ing. Fabian Ochs ist im Arbeitsbereich „Energieeffizientes Bauen“ an der Universität Innsbruck tätig.

Statement

"Für uns als traditionsreiches Familienunternehmen ist es wichtig auf Innovationen zu setzen, um uns von Mitbewerbern abzuheben. Nicht nur die vielfach umgesetzten Projekte im Bereich energieaktive Vorhangfassaden aus Holz, sondern auch der 2017 gemeinsam mit AEE INTEC gewonnene ACR-Kooperationspreis bestätigen uns, auf dem richtigen Weg zu sein. Der Paradigmenwechsel hin zu einer ganzheitlichen Gebäudesanierung mit energieaktiven Fassaden und der Integration von Haustechnik in der Wohnbausanierung wird noch dauern. Er muss aber in Anbetracht der angestrebten Reduktion der CO2-Emissionen bei Gebäuden in nächster Zukunft erfolgen."
Gernot Kulmer, Geschäftsführer Kulmer Holz-Leimbau GesmbH

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