Zeitschrift EE

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Bioökonomie – eine Strategie für Österreich

Gottfried Lamers

Die Bioökonomie ist ein Wirtschaftskonzept, das fossile Ressourcen (Rohstoffe und Energieträger) durch nachwachsende Rohstoffe in möglichst allen Bereichen und Anwendungen ersetzen soll. Sie umfasst alle industriellen und wirtschaftlichen Sektoren, die biologische Ressourcen produzieren, ver- und bearbeiten oder nutzen.

Foto: privat

Bioökonomiestrategie 2019

Bereits die letzte Bundesregierung hat in ihrer Klima- und Energiestrategie (#mission2030) eine Bioökonomiestrategie des Bundes als Leuchtturmprojekt angekündigt und im März 2019 beschlossen. Gleichzeitig mit dem Beschluss wurde auch der Startschuss zur Umsetzung gegeben und dazu ein Aktionsplan in Auftrag gegeben.

Die Umstellung auf Bioökonomie bietet die Möglichkeit, den globalen Herausforderungen, wie dem fortschreitenden Klimawandel, der Lebensmittel- und Wasserknappheit oder den zunehmenden Umweltbelastungen, zu begegnen und gleichzeitig die ökonomische Entwicklung des Landes zu stärken. Im Gegensatz zu Bioökonomiestrategien anderer Länder beschäftigt sich die österreichische nicht mit einzelnen Sektoren, sondern ist ein holistisches Konzept für die Erreichung der Ziele des Pariser Klimaabkommens. Die Dekarbonisierung der Wirtschaft soll durch die Nutzung regionaler nachwachsender Rohstoffe für Materialien und Energie erreicht werden. Die mögliche Nutzungskonkurrenz und potenzielle Zielkonflikte wurden dabei bereits im Vorfeld der Erstellung dieser Strategie durch die Abstimmung mit den UN Sustainable Development Goals (SDG’s) identifiziert und in Form von Leitlinien berücksichtigt.

Ziele der Bioökonomiestrategie

Durch die Ziele der österreichischen Bioökonomiestrategie (siehe Grafik) werden biogene Rohstoffquellen und deren Nutzung, beispielsweise im Lebens- und Futtermittel-, Chemikalien-, Materialien- oder Energiebereich, forciert. Österreich befindet sich dabei in der guten Ausgangsposition, bereits auf starke bioökonomische Wertschöpfungsketten aufbauen zu können. Daher setzt die nationale Bioökonomiestrategie bei der Umstellung des Wirtschaftssystems auf die vorhandenen technologischen und wirtschaftlichen Stärken und unterstützt die Marktüberleitung von neuen innovativen biobasierten Produkten, Technologien und Dienstleistungen.

Darstellung der Zielfelder der österreichischen Bioökonomiestrategie, Quelle: BMNT, BMBWF, BMVIT. 2019

Grundlagen der Bioökonomie

Die Bioökonomiestrategie beschäftigt sich jedoch nicht nur mit Ressourcen und Produkten, sondern auch mit der Ressourceneffizienz. Einerseits über die Reduktion des Konsums im Allgemeinen, z. B. durch Sharing, Reparaturfähigkeit und Suffizienz 1, andererseits aber auch durch den effizienten Einsatz bzw. die effiziente Nutzung von biogenen Ressourcen. Daher bezeichnet die Strategie die ressourcenschonende Nutzung von Rohstoffen auch als Grundlage der Bioökonomie. In diesem Bereich ist die Umweltförderung des österreichischen Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) ein wesentliches Umsetzungsinstrument, da die Maßnahmen zur Ressourcen- und Energieeffizienz seit Jahren zu den prioritären Förderungsschwerpunkten gehören.

Die Bioökonomie-Strategie baut auch auf zahlreiche andere Strategien auf. Einerseits natürlich auf die Bioökonomie Strategie für Forschung, Technologie und Innovation, andererseits aber auch auf sektorale Strategien wie die Digitalisierungsstrategie, den Walddialog oder den Masterplan für den ländlichen Raum. Die nationale Strategie ist auch mit der 2018 überarbeiteten EU-Bioökonomiestrategie abgestimmt. Diese wurde unter der österreichischen Präsidentschaft präsentiert und markiert ebenfalls den Weg von der reinen Forschungsstrategie zu einer breiten Umsetzungsstrategie, die in alle Politikbereiche wirken wird.

1 Der Begriff Suffizienz (von lat. sufficere, dt. ausreichen) steht in der Nachhaltigkeitsforschung, Umwelt- und Naturschutzpolitik für das Bemühen um einen möglichst geringen Rohstoff- und Energieverbrauch. (https://de.wikipedia.org/wiki/Suffizienz_(Politik))

Ressourcen der Bioökonomie

Als relativ kleines Binnenland mit vielen „unproduktiven“ Flächen setzt die österreichische Bioökonomiestrategie nicht nur auf die klassischen Rohstoffe aus der Land- und Forstwirtschaft, sondern strebt vor allem auch die Erweiterung der Rohstoffbasis an. Dabei steht insbesondere die Nutzung von biogenen Abfällen, Reststoffen und Nebenprodukten aus der bisherigen Rohstoffnutzung im Vordergrund, aber auch die Forschung an neuen Rohstoffen, wie Algen, neuen Proteinquellen oder Reststoffen der klimarelevanten Begrünung von Städten wird angesprochen.

Nach dem Auftrag des Ministerrats wurde in internen und externen Veranstaltungen quer durch Österreich mit ca. 400 Stakeholdern an Maßnahmen gearbeitet, die die beschlossenen Handlungsfelder der Bioökonomie mit Leben erfüllen sollen. Dabei sollte der Aktionsplan jedoch nicht nur die Umsetzungsmaßnahmen beschreiben, sondern auch die Zuständigkeiten und die Finanzierung behandeln.

Die Bioökonomie ist eine transdisziplinäre Strategie, die durch breit gefächerte Maßnahmen in allen Bereichen umgesetzt werden soll. Sowohl im Forschungsund Wissenschaftssektor, als auch in der Land- und Forstwirtschaft sind zahlreiche Aktionen zu setzen, um die Importabhängigkeit von fossilen Rohstoffen zu reduzieren und die regionale Wirtschaft zu stärken.

Maßnahmensammlung im Aktionsplan

Dafür sind auch nationale und europäische Förderungsinstrumente anzusprechen, um die infrastrukturellen Maßnahmen umzusetzen. Die Mehrzahl der Maßnahmen sind aber legistische Vereinfachungen, Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen oder entsprechende Informationen für Produzierende, Konsumentinnen und Konsumenten.

Dabei werden auch regionale Bioökonomiestrategien und Cluster zur weiteren Umsetzung und Vernetzung der Produktionsbetriebe eine wichtige Rolle spielen. Bestehende Bioökonomie-relevante Cluster werden auch eingebunden, um einen starken Auftritt für Technologien und Produkte aus Österreich auf dem europäischen Markt zu schaffen. Die Ministerien werden dazu ein Monitoringsystem aufbauen, um die Fortschritte bei der Umsetzung transparent darzustellen.

Bioökonomie, der Wechsel hin zu biobasierten Lösungen, ist eine der Schlüsseltechnologien zur Dekarbonisierung des Wirtschaftssystems und wird regionale Wertschöpfung und Arbeitsplätze generie- ren und damit auch einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung der Pariser Klimaziele leisten.

Autor

Dipl.-Ing. Gottfried Lamers ist im österreichischen Bundesminsterium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK), Abteilung VII/5 zuständig für Innovative Technologien und Bioökonomie.

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