Zeitschrift EE

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HTL Jenbach arbeitet am Tiroler Haus der Zukunft

Bedienung der Gebäudeleittechnik mittels Tablet. Foto: ZOOM.Tirol

Die HTL-Jenbach ist seit 2016 Partnerschule der Initiative TIROL 2050 energieautonom. Um modernste bau- und gebäudetechnische Systemlösungen begreifbar zu machen, haben Schüler, Schülerinnen und Lehrpersonen der HTL Jenbach mit großzügiger Unterstützung regionaler Fachfirmen einen realen, interaktiven Gebäudeschnitt gebaut, der den bauphysikalischen und ökologischen Anforderungen eines Hauses der Zukunft gerecht wird.

Im Hinblick auf die Realisierung europäischer Klimaschutzziele spielt der Energieverbrauch der Gebäude eine zentrale Rolle. Nachhaltige Technologien und Systemlösungen werden dazu den Wärme- und Kältebedarf in Gebäuden stark reduzieren und auch entsprechend decken müssen. Ein generationenübergreifendes Denken und Handeln ist unabdingbar, um dermaßen ambitionierte Ziele erreichen und intrinsische Motivation und konkretes Verständnis generieren zu können. In der Abteilung für Energie- und Gebäudetechnik liegt der Ausbildungsschwerpunkt auf effizienter und ökologischer Energieplanung und Anlagenkonzeption. Im Zuge der Verfolgung des Trends hin zur Digitalisierung in der Planung (BIM) und automatisiertem Anlagenbetrieb konnte wiederholt festgestellt werden, dass der Bezug zur Realität in der Ausbildung äußerst notwendig ist, um den Aufbau und die Funktion moderner Systemlösungen verstehen zu können.

Ein gelungenes Projekt auf dem Weg zur Energieautonomie

Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, startete im vorigen Schuljahr die Planung eines mehrstöckigen Gebäudeschnittes, der schülerzentriert auf einzigartige Weise Varianten für zukunftstaugliche Gebäude-, Bau- und Leittechnik auf höchstem Niveau visualisiert. Nach „einjähriger Bauzeit“ konnte durch die Unterstützung der Firma Lang, einem regionalen, innovativen Bauunternehmen, die Inbetriebnahme zu Beginn des Schuljahres erfolgen.

Der Gebäudeschnitt macht Detaillösungen transparent, die üblicherweise in Gebäuden bzw. im Anlagenbetrieb nach Fertigstellung unzugänglich bleiben. Bautechnische Details, vom Kellergeschoß über Erdgeschoß zum Obergeschoß und Dachgeschoß,BAUEN UND SANIEREN 28 Perimeterdämmung, Isokorb, zwei Rollladenkästen, diverse Fassadenaufbauten bis hin zur Eindeckung des Daches sind sichtbar. Programmierbare Beschattungsanlagen zeigen, wie aktiver Überhitzungsschutz in den Sommermonaten umsetzbar ist.

Neben konventionellen Fußboden- und Wandheizungssystemen, die mit funktionaler Simulation mittels LED ausgestattet sind, ist auch eine Bauteilaktivierung der obersten Geschoßdecke ausgeführt. Für Ausführungsvarianten der Wohnraumlüftung sind sowohl zentrale als auch eine dezentrale EinzelraumLösung mit Wärmerückgewinnung installiert. Diverse in die Baumassen integrierte Rohrleitungsführungsoptionen und eine Vielzahl an Luftauslassvarianten sind ersichtlich. Mono- bzw. polykristalline Photovoltaikmodule und der solarthermische Flachkollektorschnitt an der Südfassade des Gebäudeschnittes demonstrieren die Integration aktiver Solarenergienutzung mit zeitgemäßer Fassadenarchitektur. Bei der Ausführung der Gebäudeleittechnik wurde Wert auf die Umsetzung der „Industrie 4.0 – Ideologie“ (umfassende Digitalisierung und Vernetzung) gelegt. Der Betrieb der Anlagensysteme soll vorausschauend an den Bedarf der Bewohner und auch jenem der Netze angepasst sein. Erst ein zeitlich optimierter Abgleich und die Vernetzung der gebäudeeigenen Energieerzeugungs-, Energiespeicher- und Energieverbrauchsanlagen können zu einer erwarteten Gesamtenergieeffizienzsteigerung der Gebäude und einem hohen Anteil an erneuerbarer Energie führen. Aus diesen Gründen wurde für die Bedienung aller Komponenten am Gebäudeschnitt eine Miniserver-Technologie-Lösung gewählt, die zukunftstauglich und ideal auf den Wohnungsbau abgestimmt ist. Somit kann gezeigt werden, wie in einem Smart Home bereits heute die Verknüpfung von Behaglichkeit, Komfort, Energieeffizienz, Sicherheit und auch Elektromobilität umgesetzt werden kann. Die Schülerinnen und Schüler können mit Hilfe eines aufliegenden Tablets alle Funktionen der energieund gebäudetechnischen Anlagen ausführen und somit diverse Varianten und Einflüsse simulieren.

Nun liegen bereits erste Erfahrungen vor, wie sich die Integration des Gebäudeschnittes in den Unterricht umsetzen lässt. Neben der tatkräftigen Unterstützung der Schülerinnen und Schüler beim Bau im Zuge des fachpraktischen Unterrichts konnte jetzt ein Subprojekt - die Ausstattung des Gebäudes mit einem autodidaktischen Lernsystem mittels QR-Codes - im Fachtheorieunterricht abgeschlossen werden. Dafür musste für dreißig Themenbereiche in Eigenrecherche viel Know-how angeeignet, entsprechend aufbereitet und visualisiert werden.

Autodidaktisches QR-Code Lernsystem am Gebäudeschnitt Foto: HTL Jenbach

Themenübersicht für den selbständigen Wissenserwerb

Die Identifikation mit den Lehrinhalten am „Tiroler Haus der Zukunft“ und die Freude der Schülerinnen und Schüler sind deutlich spürbar, was mitunter auch auf den verpflichtenden, aktiven Einsatz des eigenen Smartphones im Unterricht zurückzuführen ist. Die Erwartungen der Projektleiter wurden jedenfalls übertroffen, insbesondere weil es mit dieser Initiative einmal mehr gelungen ist, die Faszination für Technologien zu wecken, die zur Erreichung der Energieautonomie unerlässlich sind.

Autor

Dipl.-Ing. (FH) Andreas Trojer ist Lehrer an der Höheren Technischen Bundeslehranstalt Jenbach und zuständig für die Energieberaterausbildung (A-Kurs) an der HTL Jenbach. Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

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